Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5 128 (Nr. 10—12). 1. Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft. 3. Titel. 409 
Die Haftung besteht für alle Verbindlichkeiten der Geselrschaft ob 
diese auf Vertrag, einseitigem Rechtsgeschäft, Delikt (O.L. G. Hamm im echl 06. 
S. 757 Nr. 1843) oder Gesetz beruhen, ob ihr Inhalt Leistung von Geld, anderen 
Sachen, ein Tun oder ein Unterlassen ist. Soweit die Leistung nicht von dem Ge- 
sellschafter selbst geschehen kann, hat er wenigstens dafür Sorge zu tragen, daß sie 
durch die Gesellschaft geschieht, und hat er den dem Gläubiger erwachsenden Schaden 
daun selbst zu ersetzen (Busch VIII S. 177). Dagegen sind gesetzliche Pfandrechte an 
Sachen des Schuldners aus Forderungen gegen die Gesellschaft nur auf dem Gesell- 
schaftsvermögen, nicht auf dem Privatvermögen lastend (R.O. H.G. XXI Nr. 42, anders 
Düringer.- Hachenburg Anm. 5). Ebenso würde eine Hypothek am Grundstück 
der Gesellschaft noch nicht Zubehörstücke, die den einzelnen Gesellschaftern gehören, 
und eine Hypothek am Grundstück der Gesellschafter noch nicht Zubehörstücke, die 
der offenen H.G. gehören, ergreifen (z. T. anders O.L.G. Stuttgart in D.J 3Z. 09, 
S. 1447). Ebenso wird der Pfandrechtstitel aus § 648 B.G. B sich, falls die Gesell- 
schaft Besteller war, nur auf Gesellschaftsgrundstücke beziehen (anders O.L.G. 
Dresden in Seuffert LXIII Nr. 257). Uberhaupt sind Belastungen des Gesellschafts- 
vermögens noch nicht Belastungen des Vermögens der Gesellschafter. Ist die 
Gesellschaft Mieterin. so erstreckt sich das Pfandrecht des Vermieters nicht auf Illaten 
des Gesellschafters (Faeger K.O. § 49 Anm. 26, anders Düringer-Hachenburg 
A. a. O.). Ein Gläubiger der offenen H.G. wird auch das kaufmännische Zurück- 
behaltungsrecht an Sachen des einzelnen Gesellschafters nicht ausüben können 
(Hartmann in DIJ.3. 1912, 160, anders Harney bei Holdheim 1912 S. 88 und 
Düringer-Hachenburg a. a. O.). — Zu beachten ist stets, daß es sich um eine 
Verbindlichkeit der Gesellschafter als solche, nicht um eine eigene besondere Ver- 
bindlichkeit des einzelnen Gesellschafters sondelt Hat z. B. die Gesellschaft sich 
verpflichtet, Lieferungse schäfte nur gemeinschaftlich mit einem dritten abzuschließen, 
so stehen zwar die Gese schafter für die Erfüllung dieser Verbindlichkeit ein, aber 
an sich ist damit noch nicht dem einzelnen Gesellschafter untersagt, für sich eine 
solche Union mit einem dritten einzugehen (R.G. in J. W. 1900 S. 2535, 1902 S. 78 10, 
vgl. L.S. 08 S. 60). Konkurrenzklauseln, die die Gesellschaft einging, beziehen sich 
nicht notwendig auf Konkurrenz durch den isolierten Gesellschafter (R.G. bei Hold- 
heim 05 S. 51) und umgekehrt (im letzteren Falle entgegengesetzt O. L.G. Celle im 
echt 08 Nr. 3693). Man wird hier jeden Fall zu prüfen haben. Kontokorrent- 
verkehr der offenen H. G. ist noch nicht Kontokorrentverkehr des einzelnen Gesell- 
schafters (R. G. bei Warneyer 1913 Nr. 436). 
4. Die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern besteht kraft zwingenden Nr. 11. 
Rechts. Sie kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden. Ent- 
gegenstehende Vereinbarungen der Gesellschafter braucht der Gläubiger nicht 
anzuerkennen. Durch besonderen Vertrag mit dem Gläubiger kann sie natürlich 
modifiziert werden (R.O. H. G. XV S. 18, 19). Auch bleiben unberührt die gesetz- 
lichen Vorschriften über beschränkte Haftung (z. B. im Schiffahrtsrecht). 
· 5.DieHaftungdermehrerenGefellschafteriftgesamtschuldnerischeHaftung,Nr.11a. 
die von den §§ 421—425 B.G. B. beherrscht wird (vgl. z. B. R.G.Z. LXXII S. 406). 
6. Ist Gläubiger der Gesellschaft ein einzelner Gesellschafter in seiner Nr. 12. 
Eigenschaft als solcher, sei es, daß er unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag, 
sei es, daß er anläßlich desselben. z. B. nach § 110, einen Ersatzanspruch gegen die 
Gesellschaft hat, so gilt das oben gesagte nicht. Ein solcher kann sich nicht auf 
5 128 stützen, sondern er kann nur mit der actio pro socio gegen die Mitgesellschafter 
vorgehen und diese können sich hinwiederum auf B. G.B. 5 707 berufen (ogl. 
R.G.Z. XXXI S. 141, LIX Nr. 42, Düringer-Hachenburg § 110 Anm. 12). Sie 
erscheinen dann nicht als „dritte“ im Sinne dieses Titels (bgl. oben § 109 Nr. 5, 
anders für den zweiten Fall Makower II 4b). 
Anders, wenn Gläubiger ein einzelner Gesellschafter in seiner Eigenschaft 
als Dritter, z. B. als Darlehnsgeber, Verkäufer, Zessionar eines Dritten (ugl. Bolze 
XXI Nr. 558) ist. Hier würde er sowohl gegen die Handelsgesellschaft als aus § 128 
auch gegen die Mitgesellschafter vorgehen können (ebenso Kohler S. 243). Geht 
er gegen die Handelsgesellschaft vor, so könnte sie aufrechnen mit einer Forde- 
rung auf die Einlage, dagegen könnte sie sich nicht darauf berufen, daß die Bei- 
treibung der Forderung sie zur vorzeitigen Auflösung bringen würde und deshalb 
 
	        
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