Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5 135 (Nr. 1—4). 1. Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft. 4. Titel. 429 
des Gewinnanteiles Aufschluß durch Vorlegung der Handelsbücher der Gesellschaft 
erzwingen (oben bei § 118 Nr. 2). Soll er nicht schutzlos dastehen, so muß ihm 
eine Möglichkeit gewährt werden, die Auflösung der Gesellschaft auch wider den 
Willen seines Schuldners herbeizuführen, um aus dem derzeitigen Anteil desselben 
am Gesellschaftsvermögen zu seiner Befriedigung zu gelangen. In dem Kündigungs- 
recht des § 135 hat der Privatgläubiger den Ersatz für die Nachteile, die ihm die 
Natur des Gesellschaftsvermögens als Sondervermögen bereitet. 
2. Selbständiges Recht des Privatgläubigers. Das Kündigungsrecht Nr. 2. 
steht dem Privatgläubiger selbständig zu, nicht etwa als gesetzlichem Zessionar des 
Schuldners (Marcus in Holdheim 07 S. 133). Denn wie es einerseits an 
gewisse Voraussetzungen gebunden ist, die für die Kündigung des Gesellschafters 
nicht gelten, so hat es der Gläubiger andererseits in Fällen, in denen dem Gesell- 
schafter die Kündigung versagt ist. Es ist demgemäß ganz unabhängig von 
Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (anders Makower IV). Die Gesellschafter 
können es weder ausdehnen noch einschränken. Kraft der Kündigung will der 
Gläubiger die Auflösung zu dem Zweck erzielen, um die Pfändung des Auseinander- 
secungsguthabens seines Schuldners zu verwirklichen. Die Kündigung ist also für 
hn ein Rechtsbehelf der Vollstreckung in das Vermögen seines Schuldners, und 
weiter nichts. Folglich kann er die Kündigung neer zurücknehmen und, wird er 
befriedigt, bevor die Auflösung eingetreten ist, so verliert die Kündigung ihre 
Wirkung, gleichgültig, ob die Gesellschaft, ein Gesellschafter oder ein Dritter ihn 
befriedigt. Keiner der Gesellschafter kann aus der Kündigung für sich ein Recht 
auf Auflösung herleiten (so richtig Renaud, C.G. S. 482, a. A. v. Hahn zu 
Art. 126 § 2). Die Kündigung eines Privatgläubigers unterscheidet sich somit 
merklich von der eines Gesellschafters. Während jene frei widerruflich ist, ist dese 
unwiderruflich, während jene nur ein Recht des Gläubigers begründet, erzeugt die 
auch Rechte der Mitgesellschafter. 
3. Recht des Privatgläubigers. Das Kündigungsrecht hat jeder Privat- Nr. 3. 
gläubiger eines Gesellschafters, nicht ein Gesellschaftsgläubiger, auch nicht, wenn er 
auf Grund von § 128 gegen einen Gesellschafter vorgegangen ist (anders Staub- 
Pinner Anm. 1, Makower S. 361). Die Gesellschaftsgläubiger haben es ohnehin 
in der Hand, bei Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft die Konkurseröffnung herbei- 
zuführen (K.O. § 210) und so die Auflösung der Gesellschaft zu erzielen. Aber 
auch die Wortfassung des § 135 spricht gegen die Zubilligung des Rechts an sie. 
Ist ein Gesellschafter selbst Privatgläubiger seines Mitgesellschafters, so kann er 
nicht nach § 135, sondern nur nach den 132, 133 vorgehen. Dies ist praktisch 
wichtig bei Gesellschaften für bestimmte Dauer. Indem der Gesellschafter sich für 
eine bestimmte Zeit gebunden hat, darf er nicht, sich auf seine Eigenschaft als 
Privatgläubtger des Mitgesellschafters stützend, das Verhältnis lösen. Wohl aber 
kann unter Umständen in der Zahlungsunfähigkeit des Mitgesellschafters ein das 
Vorgehen nach § 133 rechtfertigender Grund erblickt werden. 
"4. Voraussetzungen der Kündigung. Die Kündigung setzt voraus Pfändung Nr. 4. 
und Uberweisung des dem cchuldnerischen Gesellschafter demnächst zustehenden Aus- 
einandersetzungsguthabens in Gemäßheit von Z.P.O. § 859, 857, 828 ff. und zwar 
auf Grund eines rechtskräftigen Urteils oder eines sonstigen, nicht bloß vorläusig 
vollstreckbaren Schuldtitels. Der Uberweisungsbeschluß hat also das Auseinander- 
setzungsguthaben des schuldnerischen Gesellschafters zum Gegenstand, nicht genügend 
wäre Uberweisung des Anspruches auf den Gewinnanteil. Ergibt sich der Schuld- 
titel nict aus dem Pfändungsbeschluß selbst, so wird er der Kündigung beizu- 
egen sein. 
Das Kündigungsrecht darf ferner (abweichend vom Recht der bürgerlichen 
Gesellschaft) nur ausgelbt werden, wenn innerhalb der letzten sechs Monate vor 
der Pfändung und überweisung eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Ver- 
mögen des Schuldners ohne Erfolg versucht ist. Frühere vergebliche Exekutionen 
genügen nicht. Von wem dieser Versuch ausgegan en ist, ist gleichgültig. Keines- 
wegs muß der Vorgehende der Gläubiger selbst sein (a. A. Marcus in Hold- 
heim 1913 S. 108). Die Zwangsvollstreckung muß fruchtlos versucht sein, d. h. 
es muß auf Grund eines, wenn auch nur vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die 
Exekution ohne Erfolg vorgenommen sein, sei es, daß überhaupt nichts erzielt 
  
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