Nr. 55.
30 I. Buch. Handelsstand. 5§5 1 (Nr. 55).
Nr. 3. „Die übernahme von Versicherungen gegen Prämie.“
Nur Versicherungsverträge fallen unter die Nr. 3, d. h. Verträge, kraft deren
ein Kontrahent (der Versicherer) dem anderen (Versicherungsnehmer) gegen Entgelt
den Ersatz des ihm (oder einem Dritten) aus einer ungewissen, wirtschaftlich-nach-
teiligen Tatsache entstehenden Schadens verspricht (vgl. Ehrenberg, Versicherungs-
recht 1 S. 55, Lehmann H. R. 8 224). Demnach nicht gesetzliche Versicherungen
(z. B. die gesetzliche Alters-, Invaliditäts., Krankenversicherung der neuen Reichs-
gesetze). Im Ubrigen alle Arten von Versicherungsverträgen, Kleichgültg ob es sich
um Schadens- oder Summenversicherungen (z. B. Lebens., ufa —, Militärdienst-
Versicherungen), um Personen -Lebensversicherungen) oder Güterversicherung und
letzterenfalls um Binnen- oder Seeversicherung handelt. Gleichgültig ist, ob der
Schaden an einer beweglichen Sache oder einem Grundstück (R.O. H. G. V S. 12)
oder einem sonstigen Vermögenswert eintritt (Versicherung gegen Ausfall von Hypo-
theken, gegen Kursverlust bei Verlosung von Wertpapieren, Rückversicherung, Haft-
Pllichtoersicherung. Gleichgültig ist der Versicherungsfall (die Art der Gefahr), ins-
esondere ob der letztere dem Gebiete des Handels (z. B. Transportversicherung),
der Landwirtschaft (z. B. Hagelversicherung, Viehversicherung) oder dem bürgerlichen
Leben (z. B. Lebensversicherung) angehört, da nicht die Person des Versicherungs-
nehmers oder Versicherten, sondern allein die Person des Versicherers in Frage kommt.
Die Versicherungsverträge müssen Erwerb auf Seite des Versicherers be-
zwecken, dem Gebiete der Erwerbs-Versicherun ß angehören, die Versicherung muß
eine solche sein, welche Gewinn für den Versicherer a wersen kann (Ehrenberg V.R. I
S. 75, 76). Dies besagt der Ausdruck „gegen Prämie“. Den Gegensatz bildet die
reine Versicherung auf Gegenseitigkeit, bei der von einer Gewinnerzielung deshalb
keine Rede sein kann, weil Versicherer und Versicherte identisch sind, die vom Ver-
sicherer durch die „Beiträge“ erzielten Einnahmen den Versicherten in Gestalt der
Versicherungssumme zugute kommen. Dies gilt auch dann, wenn die reine Ver-
sicherungszesellschaft auf Gegenseitigkeit ein rechtsfähiger Verein mit eigenem Ver-
mögen, mit aufgesparten Reserven usw. ist (Versicherungsverein auf Gegen-
seitigkeit), da das juristische Gewand an dem wirtschaftlichen Zweck nichts ändert. Die
reine Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit wäre demnach nicht Kaufmann im
Sinne dieser Nr. wohl aber wird sie sofern sie nicht bloß einen engbegrenzten Wirkungs-
kreis hat, nach dem Gesetz Üüber die privaten Versicherungs-Unternehmungen § 16
in den meisten Dekziehungen wie ein Kaufmann behandelt (vgl. dessen § 53). Hierzu
Lehmann H. R. 229, Rehm, Kommentar § 16. — Ubernimmt ein Versicherungs-
verein auf Gegenseitigkeit zugleich gewerbsmäßig Versicherungen gegen Prämie (vgl.
Ehrenberg V.R. I S. 92, 93, 76, Rehm, Kommentar § 16), so wird eine solche ge-
mischte Gegenseitigkeitsgesellschaft aus letzterem Grunde Kaufmann im Sinne
dieser Nr. (Busch XVI S. 194, R.G.Z. XXVIII S. 313).
Erwerbsversicherungen oder Versicherungen gegen Prämie liegen
dann vor, wenn dem Versicherer eine fremde Person gegenübersteht, die ein Aquivalent
für die vom Versicherer ihr gegenüber übernommenen Verpflichtungen gewährt. Die
rt des Entgeltes, ob eine bestiemmte Geldsumme für die ganze Verfi ernngzeit (mise)
oder ein nach vorläufig an Zahl ungewissen Zeiteinheiten (Zeitprämie) oder ein nach
Gefahrenklassen berechneter Satz, oder ein überhaupt unbestimmt gelassener, nach Billig-
keit später feat Uusetzender Detrag (Ehrenberg V.R. I S. 278, 279, 498f., Lehmann
H.R. § 236), it gleichgültig. Entscheidend ist lediglich, daß das Aquivalent von dem
in seinen Interessen divergierenden Gegner erfolgt. Auch auf den Namen kommt
es nicht an. Keine Prämien, sondern Beiträge sind die „Prämienzahlungen“ ge-
nannten vorläufigen Festsetzungen des Beitrages bei Gegenseitigkeitsgesellschaften,
denen im Bedürfnisfall Nachschußleistungen nachfolgen, während bei Überschüssen
sogen. Dividendenverteilungen geschehen (Ehrenberg V.R. I S. 512, Lewis, Ver-
sicherungsrecht S. 29, 30, Goldschmidt Hdb. § 49 A. 12, Gerhard u. a. Kom. zum
V. V. G. 5 1 Anm. 17, Rehm, Kom. zum V.A.G. § 24, Lehmann H.R. 229,
R.O. H.G. IV S. 201, R.G.Z. XIV S. 238, Z. XX S. 579, XXII S. 276; Busch
XXI S. 371, XXIII S. 157, XXXXI S. 145; Adler-Clemens Nr. 928, 962, 970).
Nicht steht mit der Prämienversicherung in Widerstreit, daß der Versicherte am
Unternehmergewinn beteiligt wird (Goldschmidt Hdb. § 49 Anm. 13), wie es nicht
selten bei Versicherungsaktiengesellschaften vorkommt.