84 (Nr. 1—9). 1. Abschnitt. Kaufleute. 49
Zur Literatur: Lotze bei Gruchot XIIV S. 404 ff.; Weiss, Uber den Begriff
des Minderkaufmanns 05; Bovensiepen, Der Minderkaufmann und Lein Recht
205; Bang, Rechtliche Stellung der Handwerker nach dem H.G. B. 04; Baeßler,
Der Minderkaufmann Diss. 1910, Neukamp im Recht 1910 S. 146ff.; Lilie in
3. LIXXIV. Waß. Wichtiges Material enthält die Denkschrift der Leipziger Handels.
kammer über Abgrenzung der Handels- und der Handwerkerkammerorganisation
oder Fabrik und Handwerk (dazu Trumpler in Z. LXI S. 273), ebenso Sobernheim
S. 108ff. Von den Kommentaren zumal Staub- Bondi. Sehr ausführlich über
den Begriff der Handwerker v. LCandmann zu §5 100 Anm. 3 GO.
Während die §§ 1—3 den Begriff des Handelsgewerbes umgrenzen und da-
mit die Voraussetzungen für den Kaufmannsbegriff aufstellen, bes äftigt sich der
5 4 mit den sogenannten Minderkaufleuten, d. h. denjenigen Kaufleuten, die
von gewi sen kan ämnischen Rechten und Pflichten ausgeschlo en sind und gewissen
für Kaufleute geltenden Rechtssätzen nicht unterstehen. Sie bilden im System des
Gesetzbuches die Ausnahme. Der normale Kaufmann ist der Vollkaufmann. Darum
wendet das Gesetz auch in den Abschnitten, die sich nur auf Vollkaufleute beziehen,
die Bezeichnung „jeder Kaufmann“ an (dvgl. die Is 29, 38, 39) und setzt bei dem
Begriffe des „kaufmännischen Geschäftsbetriebes“ (5 2) vollkaufmännische Betriebs-
weise voraus.
1. Der Begriff der Minderkauflente beruht im letzten Grunde auf dem Be. Nr. 1.
griffe des Kleingewerbes. So weit somit für die Kaufmannseigenschaft Großbetrieb
erforderlich ist (§ 2), ist eine Klasse von Minderkaufleuten nicht möglich. Demnach
können Minderkaufleute nur unter den Kategorien des § 1, und auch hier nicht
unter allen (nicht Nr. 2, 9 und teilweise 5) vorkommen. Auch dürfen Minderkauf-
leute das Gewerbe nicht bloß als Nebengewerbe des land= oder forstwirtschaftlichen
Betriebes betreiben. Der Landwirt, der ein Kleingewerbe als Nebengewerbe betreibt,
ist nicht Kaufmann (vgl. § 3 Nr. 6). Minderkaufleute können sowohl physische
als juristische Personen sein, weil nicht die Person des Gewerbetreibenden, sondern
der Umfang des Gewerbes entscheidet. Da aber die gesetzuich geregelten Typen
der wirtschaftlichen Korporationen für Vollkaufleute erklärt sind (vgl. § 6), so wird
der Fall, dant eine juristische Person Minderkaufmann 1t. von praktischer Bedeutung
nicht sein. — Ob jemand Voll= oder Minderkaufmann ist, ist nach dem Zeitpunkt gi
entscheiden, auf den es für privat= oder 5 entlichrechtliche Folgen ankommt, z. B.
bei § 351 H.G.B. nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, bei irmenanmeldungen
nach dem Zeitpunkt der Anmeldung. Die Möglichkeit späterer Ausdehnung des
Betriebes kommt nicht in Betracht (R.G. in Holdheim XVII S. 105, 106).
2. Das Gesetz nennt zwei Klassen von Minderkaufleuten: Handwerker und Nr. 2.
Personen, deren Gewerbebetrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinaus-
geht. Die zu vielen Zweifeln Raum gebende Aufzählung des alten Artikels 10,
nach der „Höker, Trödler, Hausierer u. dgl. Handelsleute von geringem Gewerbe-
betriebe, serner Wirte, gewöhnliche Fuhrleute, gewöhnliche S P# und Personen,
deren Gewerbe nicht über den Umfang des Handwerksbetriebes hinausgeht“ für
Minderkaufleute erklärt wurden, hat einer grundsätzlichen Formulierung Platz ge-
macht. Keineswegs sind alle dort genannten Klassen von Kaufleuten seit dem
1. 1. 1900 Minderkaufleute. Insbesondere zählen Trödler und Wirte bei größerem
Gewerbebetrieb zu den Vollkaufleuten (R.G. in Bad. Rspr. 05 S.353, O. L. G. Hamburg
in O. L. G. Rspr. IX S. 240, Bayer. Obst. Ld. G. im Recht 1910 Nr. 2070). Umgekehrt
umfaßt der Begriff der Minderkaufleute auch Personen, die dort nicht aufgezählt
sind. Denn nicht die Art des Geschäftsbetriebes, wie früher mitunter angenommen
wurde, sondern dessen Umfang soll entscheiden. Demnach ist auf alle Kategorien
des § 1, so weit nicht anstaltsmäßige Betriebsweise für den Kaufmannsbegriff Vor-
aussetzung ist, der Begriff der Minderkaufleute anwendbar, wenngleich er bei ein-
zelnen (Versicherer, Verleger) praktisch kaum vorkommen wird. Jolgeweise fallen
alle Kleingewerbetreibenden, die Waren anschaffen und veräußern (gleichgültig ob
sie Handwerker oder bloße Händler oder beides zugleich sind), alle Geldwechsler,
Fuhrleute, Küstenfahrer, Schleppkahnschiffer, Frachtflößer, Kommisstonäre, Spedi-
teure, Lagerhalter, Handlungsagenten und Handelsmäkler (vgl. § 104), Buch- und
Kunsthändler unter die Minderkaufleute, wenn ihr Gewerbebetrieb über den Umfang
des Kleingewerbes nicht hinausgeht. Andererseits ist für die Handwerker notwendig,
Lehmann-Ring, Handelsgesetzbuch. I. 2. Aufl. 4