54 (Nr. 4—5). 1. Abschnitt. Kaufleute. 51
stehenden Bestimmungen das neue H. G. B. Die Bestimmung des Art. 22 E. H.G. B.,
daß die z. Z. des Inkrafttretens des H. G. B. im Handelsregister eingetragenen Firmen
weiter gefÜhrt werden dürfen, soweit sie nach den bisherigen Vorschriften geführt
werden durften ist nicht hierher zu hiehen: Sie betrifft lediglich die Form der Firma,
nicht die Berechti ung zur Führung einer Firma. Vielmehr wäre die Löschung der
Firma zu veranlassen, wenn der Unternehmer nach neuem Recht Minderkaufmann ist.
Wohl aber ist die nähere Festsetzung der Grenze des Kleingewerbes
vom Großgewerbe den Landesregierungen überlassen worden. Die Landes-
regierungen ind nicht verpflichtet, aber befugt, Bestimmungen zu erlassen, durch
welche diese Grenze auf Grund der nach dem Geschäftsumfanget) bemessenen
Steuerpflicht oder nach anderen Merkmalen (z. B. Geschäftsumsatz, Anlagekapital,
Ertrag) näher festgesetzt wird:). Machen sie von dieser Befugnis keinen Gebrauch
(Gebrauch gemacht hat bisher nur Schwarzburg-Rudolstadt), so würde das Ermessen
der Registerbehörden s2), bezw. bei erhobenem Rechtsstreit der Prozeßrichter entscheiden.
Der Erlaß derartiger Bestimmungen ist nicht dem Landesrecht, sondern den Landes-
regierungen zugewiesen. Es handelt sich nicht um landesgesetzliche Vorbehalte
für die Vergangenheit („Unberührt bleiben“, „In Kraft bleiben") oder für die Zu-
kunft („Vorbehalten blelben"), sondern um 7 Ausführung des Reichsrechts von
den Exekutivorganen der Einzelstaaten zu treffende Anordnungen. Demnach bedarf
die Landesregierung zum Erlasse einer derartigen Anordnung nicht der Zustimmung
des Landtages. Ein diesbezüglicher Antrag statt „Candesregierungen- „Landes-
esetzgebung"“ zu setzen, wurde in der Komm ssion abgelehnt (Komm. Ber. S. 3873).
ndererseits darf sich die Bestimmung nicht in Widerspruch mit dem reichsrechtlichen
Begriff setzen und darf sich nur auf die generelle Grenzfestsetzung beziehen, sie darf
nicht e nzzin Klassen von Gewerbetreibenden herausgreifen; wohl aber darf sie nach
lokalen Verhältnissen abstufende Bestimmungen für alle Gewerbetreibenden treffen.
Die Landesregierungen haben endlich keine Kompetenz für die Handwerker, der
Begriff des Handwerks ist lediglich aus dem Reichsrecht zu bestimmen.“)
5. Es kann jemand zugleich Vollkaufmann und Minderkaufmann sein,
Eenau so gut, wie er zugleich Kaufmann und Landwirt oder zugleich aus doppeltem
ewerbe Voll= oder Minderkaufmann (R.G. St. in D.J.Z. 07 S. 428) sein kann, so-
fern nur die beiden Gewerbe von einander getrennt sind. Praktisch wird dieser Fall
besonders beim offenen Gesellschafter werden, der als Mitglied der Handelsgesellschaft
Vollkaufmann ist und möglicherweise als Privatperson ein Handwerk oder Klein-
ewerbe selbständig betreibt. Notwendig ist nur Getrenntheit der beiden Gewerbe.
ängt das Kleingewerbe mit dem Großgewerbe zusammen (kleines Antiquariat mit
1) Geschäftsumfang und Geschäftsumsatz decken sich nicht. Der Geschäfts-
umfang kann groß, der Geschäftsumsatz eine Zeitlang klein sein wegen schlechter
Konjunkturen, vgl. Staub-Bondit § 4 Anm. 19, Düringer-Hachenburg Anm. 10,
Komm.Ber. S. 3873. Der Geschäftsumsatz bildet immer nur einen Faktor für die
Beurteilung des Geschäftsumfanges (R.G. in Goldtammers Arch. LVII S. 217).
2) Weiter werden anfeeführt: Räumlichkeiten des Betriebes, Zahl der An-
gestellten, Maß der Arbeitsteilung, Inanspruchnahme von Kredit und kaufmännischen
Kreditformen, Art der Zahlungsabwicklung. Vgl. K.G. in Johow-Ring XXII A
276 = Entsch. F.G. II S. 132, O L. G. Dresden in O.L. G. Rspr. XI S. 372, O.L. G.
Hompurg uin O.L. G. Rspr. IX S. 240, R.G. Str. XXXIV S. 103, XXXV S. 289.
ndessen kann dies, wie betont, für andere Kaufleute als Handwerker nicht ent-
scheidend sein, denn dann müßte es auch für die Kategorien des § 1 entscheidend
sein. Do schwankt die Praxis sehr (vgl. z. B. R.G. in J.W. 08 S. 343 in dem
hier erörterten Sinne).
3) Nach dem Preuß. Ausführungsgesetz zum H.G. B. kann der Registerrichter
die Steuerbehörden zur Auskunfterteilung veranlassen, Art. 3 Abs. 2
4) Nach dem Preuß. Ausführungsgesetz zum H. G. B. Art. 1 sind für den
Erlaß solcher Bestimmungen der Justizminister und der Minister für Handel und
Gewerbe gemeinschaftlich zuständig. Sie sollen vor dem Erlaß in der Regel die
Organe des Handelsstandes gutachtlich hören. In Mecklenburg-Schwerin soll
der Erlaß gemeinschaftlich von den Großherzogl. Ministerien des Innern und der
Justiz ergehen. (Ausf.-V. zum H. G.B. 1.)
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