Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

8 231(Nr. 11—14). 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 3. Titel. 105 
in seiner Person liegende Gründe während einer verhältnismäßig nicht erheblichen 
Zeit macht der Bezüge nicht verlustig (B.G.B. § 616, vgl. R.O. H.G. XIX S. 61 ff.). 
Im übrigen kommen bei Behinderung in der Ausübung des Amtes die Vorschriften 
des B.G. B. Über die Unmöglichkeit der Erfüllung in Betracht (§8 323 ff.). 
12. Für die Entlassung der Vorstandsmitglieder durch die Gesellschaft gilt: 
a) Nach Aktienrecht (5 231 Abs. 3) kann die Gesellschaft auf ihre Gefahr 
das Vorstandsmitglied in jedem Augenblicke entlassen (dazu unten Nr. 13). Das 
bürgerliche Recht kommt also nur für die Frage in Betracht, ob nach dem An- 
stellungsvertrag das Vorstandsmitglied zu diesem Zeitpunkt entlassen werden durfte 
oder nicht und ob es demgemäß vermögensrechtliche Ansprüche gegen die Gesell- 
schaft nicht hat oder hat. Die Auffassung, daß der Widerruf der Bestellung als 
Vorstandsmitglied das bestehende Dienstverhältnis an sich nicht berühre (Staub- 
Pinner Anm. 19), erscheint unzutreffend. Der Widerruf bedeutet vielmehr, daß 
das Vorstandsmitglied aus seinem durch den Anstellungsvertrag geregelten Ver- 
hältnis zu der Gesellschaft auszuscheiden hat. Das in dieser Beschränkung zur 
nwendung gelangende B. G. B. gibt für die Dauer des Verhältnisses folgende 
Bestimmungen: In erster Reihe entscheidet die vertragsmäßig bestimmte Dauer 
(§ 620 Abs. 1). Ist die Dauer unbestimmt oder gilt sie dafür (59 620 Abf. 2, 625), 
so kann die Gesellschaft nach Maßgabe der * 621 bis 623 kündigen; hierbei finden 
Anwendung: § 621, wenn das Vorstandsmitglied nur nach Zeitabschnitten bemessene 
Tantiemen empfängt; § 622, wenn es nach Zeitabschnitten bemessene feste Bezüge 
erhält; § 623, wenn die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen, sondern 
anders — etwa als Provision — bestimmt ist. Aus wichtigen Gründen steht 
der Gesellschaft stets die sofortige Entlassung nach § 626 mit den 
Rechtsfolgen des §F 628 zu. Ein dieses Recht der Gesellschaft einschränkender 
Vertrag kann gegen die guten Sitten verstoßen (O. L. G. Hamburg in Seuff. Bl. LXXV, 
583 ff.), sei es, daß das Entlassungsrecht selbst beschränkt oder die Verpflichtung zur 
Fortzahlung des Gehalts trotz begrlindeter Entlassung der Gesellschaft aufgebürdet 
wird (R.G. im Recht 1911 Nr. 1502). Ausnahmsweise kann auch § 627 in Be- 
tracht kommen. 
b) Nach Aktienrecht ist die Gesellschaft schlechthin befugt, die Bestellung 
zum Vorstandsmitglied iederzett zu widerrufen. Die Gesellschaft kann hierauf nicht 
verzichten (R.O. H. G. XXIII S. 327f., R.G.Z. XXVII S. 39, Renaud A.G. S. 538). 
Auch eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrags, wonach die Widerruflichkeit der 
Bestellung auf den Fall wichtiger Gründe beschränkt wird (B.G.B. § 27 Abs. 2), 
ist mit der Sondervorschrift des H. G. B. unverträglich (Simon in 3. XIIX S. 11). 
er Widerruf steht dem Gesellschaftsorgan zu, dem die Bestellung anheimfällt 
(X* 182 Abs. 2 Z. 4, O L.G. Hamburg in O.L.G. Rspr. II 462), nicht schlechthin dem 
Aufsichtsrat (a. M. Makower Anm. Ve und O.L. G. Hamburg im H. G. Ztg. 1910 
Hptbl. 217), ebensowenig schlechthin der Generalversammlung (vgl. Goldmann Nr. 27, 
a. A. Staub- Pinner Anm. 16). Jst die Bestellung einem ODritten übertragen, so bleibt 
jedenfalls die Generalversammlung zur Abberufung befugt. Vom Widerruf zu scheiden 
ist die Anfechtung des Anstellungsvertrags z. B. wegen Irrtums über persönliche 
Eigenschaften des Vorstandsmitgliedes (vgl. R.G. Seuffert LXI Nr. 42). 
c) Ausprüche des Abberufenen. Der Widerruf nach H. G. B. kann nicht mit 
der Begründung angefochten werden, daß er nicht hätte erfolgen sollen; der Wille 
der Gesellschaft ist stets ausreichender Grund (RO. H.G. XIV S. 85). Dagegen 
findet der Widerruf nur unbeschadet des Anspruchs des Entlassenen auf die ver- 
tragsmäßige Vergütung statt, insoweit nämlich die Entlassung nach den Grund- 
sätzen des bürgerlichen Rechtes für den betreffenden Zeitpunkt nicht erfolgen durfte. 
Bei dem Streite hierüber wird es sich wesentlich darum handeln, ob ein wichtiger 
Grund für die sofortige Entlassung vorlag oder nicht (B.G.B. § 626). Es ent- 
scheidet freie richterliche Beurteilung. Als wichtige Gründe zur sofortigen Entlassung 
ind von der bisherigen Rechtsprechung namentlich anerkannt: Bestechlichkeit bei Liefer- 
ungen (R.O. H.G. XIII S. 183 ff.), dauernde Krankheit (R.O. H. G. XIX S. 61 ff.), 
Widersetzlichkeit gegen den zur Oberaufsicht berufenen Aufsichtsrat (R.G. bei Hold- 
heim 1906 S. 51, 1908 S. 214), Indiskretion (R.O. H. G. XXI S. 376 f., Bolze 
V Nr. 761), Irrtum über wesentliche Eigenschaften bei der Anstellung (R.G. Z. VII 
S. 77 ff.), Erlaß einer Forderung unter Verheimlichung und Falschbuchung (Bolze lI 
Nr. 1125), üble Nachrede (R.G. in Z. für Aktienwesen 1892 S. 18), üÜbermäßiges 
Nr. 12. 
Nr. 13. 
Nr. 14.
	        
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