5 232 (Nr. 1—3)9. 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 3. Titel. 107
Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Ist eine
Willenserklärung der Gesellschaft gegenüber abzugeben, so genügt die Ab-
gabe gegenüber einem Mitgliede des Vorstandes.
Steht nicht jedem einzelnen Vorstandsmitgliede die selbständige Ver-
tretung der Gesellschaft nach dem Gesellschaftsvertrage zu, so kann durch
diesen bestimmt werden, daß die Vorstandsmitglieder, wenn nicht mehrere
zusammen handeln, in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung
der Gesellschaft befugt sein sollen. Auch kann durch den Gesellschaftsver-
trag der Aufsichtsrat ermächtigt werden, einzelnen Mitgliedern des Vor-
standes die Befugnis zu erteilen, die Gesellschaft allein oder in Gemein-
schaft mit einem Prokuristen zu vertreten. Die Vorschriften des Abs. 1
Satz 2, 3 finden in diesen Fällen entsprechende Anwendung.
Entw. 1 5 213, II § 228; Denkschr. 1 S. 139, II S. 3207f.; A.D. H.G.B.
Art. 229 Abs. 1.
1. Willenserklärungen des Vorstands. Das frühere Recht ist wesentlich er-
weitert. Es verordnete nur, daß der Vorstand in der durch den Gesellschaftsver-
trag bestimmten Form seine Willenserklärungen kundzugeben und für die Gesell-
schaft zu zeichnen habe, sowie daß, wenn nichts darlber bestimmt worden die Zeich-
nung durch sämtliche Mitglieder des Vorstands erforderlich sei. Nach Auffassung
der Rechtsprechung (Ring A.G. S. 539) war hiermit nicht eine Formvorschrift ge-
geben, sondern die Befugnis der Vorstandsmitglieder zur Vertretung der Gesell-
schaft geregelt. Dieser Gedanke ist durch die jetzige zung verdeutlicht.
2. Die Abgabe von Willenserklärungen des Vorstands durch seine Mitglieder
wird in erster Reihe durch den Gesellschaftsvertrag geregelt. Der Gesellschaftsver-
trag kann bei einem mehrgliedrigen Vorstand bestimmen, daß Einzelvertretung durch
jedes Mitglied oder nur Gesamtvertretung durch mehrere Mitglieder oder daß Ein-
elvertretung durch gewisse und Gesamtvertretung durch andere Mitglieder statt-
nde. (Uber Zusammenwirkung mit Prokuristen unten Nr. 6.) Enthält der Ge-
sellschaftsvertrag im Anschluß an die Fassung des früheren Rechtes Anordnungen
darüber, wer vom Vorstand zur Zeichnung für die Gesellschaft befugt sei, so gelten
dieselben für alle Willenserklärungen (dazu R.O. H.G. III S. 1 XII S. 35,
XVI S. 34f.; R. G. Z. XXIV S. 27f.; Johow XV S. 98, O.L.G. Jena in Entsch.
F.G. IX 240). Der Gesellschaftsvertrag kann die Verfügung auch mittelbar dahin
treffen, daß der Aufsichtsrat ermächtigt wird, bei Mehrgliedrigkeit des Vorstands.
einem Mitglied oder jedem von mehreren Mitgliedern (in letzterer Hinsicht anders
Goldmann Nr. 15, Brand Nr. 5e) Einzelvertretung oder einigen Mitgliedern.
Gesamtvertretung zuzugestehen (gegen letzteres allerdings der Wortlaut.) So schon.
ohne besondere Bestimmung Johow X S. 34ff., dagegen namentlich Bayer. O. L. G.
in Z. XXXV S. 246. In solcher Ermächtigung liegt zugleich, die weitere zur Rück.
gängigmachung der Ermächtigung (Rudorff zu Abs. 2). Uber die Eintragung
Nr. 1 zu § 234. Hat weder der Gesellschaftsvertrag noch zufolge der in ihm ent-
haltenen Ermächtigung der Aufsichtsrat die Vertretung geregelt, so greift das Gesetz
dahin ein daß zu Willenserklärungen des Vorstands sämtliche Mitglieder mitzu-
wirken haben.
3. Gesamtvertretung. Stellen nach den maßgebenden Bestimmungen nur alle
oder mehrere Vorstandsmitglieder zusammen den Vorstand dar so ist die Willens-
erklärung von weniger Vorstandsmitgliedern keine solche des Vorstands. Die für
die Gesellschaft in nicht ausreichender Anzahl handelnden Vorstandsmitglieder sind
Vertreter ohne Vertretungsmacht. Es kommen B. G. B. ös 177 bis 180 zur An-
wendung. Doch bleibt es Tatfrage, ob nicht schon Willenserklärung der Gesamt-
vertreter in Fällen anzunehmen ist, wo die einzelnen Vertreter nach einander die
Erklärung abgeben oder wo nur der eine oder andere Vertreter ausdrücklich erklärt
und die übrigen durch Duldung ihr Einverständnis bekunden (dazu R.O. H.G. XVI
S. 35f., XVII S. 402 f., auch R.G.Z. XI. S. 19, R.G. in Seuffert LXV Nr. 63).
Nr. 1.
Nr. 2
Nr. 3..