Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

*237 (Nr. 3—5). 8. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 3. Titel. 117 
Abschreibungen verordnen sollte, wöürde es bei Anweisung der Tantieme auf den 
Reingewinn mindestens etwas sehr Uberflüssiges bestimmen. Weil der Reingewinn 
zundshltcher Maßstab ist, scheiden die Fragen aus, ob auf den Gewinn= oder 
erlustvortrag früherer *5 Rücksicht zu nehmen sei oder nicht. Nach richtiger 
Ansicht war dies bereits früher zu verneinen. Jetzt ist jeder Zweifel beseitigt: 
es entscheidet der Reingewinn, wie ihn eine gehörige Bilanz ausweist, und eine 
elbhe beruht mit auf dem Vortrag aus dem voraufgegangenen Jahr (Staub- 
inner Anm. 11, Rehm S. 650, r-- 4. L.G. Mainz bei Kaufmann IV S. 85). Von 
dem Reingewinn sind sämtliche Abschreibungen und Rücklagen abzurechnen. Wie 
bemerkt, ist bei Anweisung der Tantieme auf den Reingewinn der Abzug der not- 
wendigen Abschreibungen selbstverständlich. Insoweit kann also der Ton des Gesetzes 
vernünftigerweise nur auf dem sämtlich liegen. Was immer abgeschrieben wird, ist 
tantiemefrei. Die Nebeneinanderstellung von Abschreibungen und Rücklagen hat 
danach den Sinn, daß jede Form der Einbehaltung vom Reingewinn betroffen 
werden soll: was von dem Reingewinn Gesellschaftsvermögen bleibt, sei es zufolge 
bilanzmäßiger Minderbewertung von Aktiven, sei es zufolge sonstiger Maßregeln, 
ist tantiemefrei. Der Versuch einer Auslegung, wonach ein Abzug nur insoweit 
geboten ist, als Abschreibungen und Rücklagen behufs Ermittlung des Reingewinns 
vorgenommen werden, nicht dagegen insoweit, als solche Vornahmen nach dieser 
Ermittlung behufs Berwendunß des Reingewinns stattfinden, sowie alle ähnlichen 
Einschränkungen (Pemsel, Müller, Riesenfeld), scheitern an der Fassung des 
Gesetzes. Die wenig deutlichen Erörterungen in der Reichstagskommission lassen 
immerhin erkennen, daß diejenige Auslegung der Absicht der Kommissionsmehrheit 
am nächsten kommt, welche die Tantieme möglichst beschneidet. (In demselben Sinu 
Esser Anm. 3, Makower Anm. Ib„ Pinner Anm. II2, Riesser, Neuerungen 
S. 23ff., Staub-Pinner Anm. 13ff.; auch Simon, Bilanzen S. 146). Danach 
werden auch Rücklagen behufs Amortisation von Aktien tantiemefrei bleiben (a. A. 
O.L.G. Dresden in O.L.G. Rspr. 1900 S. 487). 
4. Weil es nur darauf ankommt, ob Einbehaltungen vom Reingewinn erfolgen, Nr. 4. 
nicht aber darauf, in welcher Form dies geschieht, ist auch der Gewinnvortrag für 
das nächste Jahr tantiemefrei (über den Gewinnvortrag früherer Jahre oben Nr. 3). 
Dieser Vortrag ist nichts anderes als eine wahre Rücklage (Staub- Pinner Anm. 15; 
a. M. Esser Anm. 2, Makower Anm. IIb, Riesenfeld, Einfluß S. 101, Rehm, 
Bilanzen S. 552, 544 ff.). Dasselbe gilt von Zuwendungen für einen Dividenden- 
ergänzungsfonds. Andererseits ist, was von dem Reingewinn nach Vornahme der 
Abschreibungen und Rücklagen übrig ist, tantiemepflichtig, ohne Rücksicht darauf, ob 
es an die Aktionäre oder an Dritte (Beamte, Versicherte bei den Versicherungs- 
aktiengesellschaften) gelangt (vgl. R.G. in J.W. 1902, 255 22). Bei Zuwendungen 
für Pensions-, Unterstützungszwecke 2c. kommt es darauf an, ob der Betrag Gesell- 
chaftsvermögen bleibt, über das die Gesellschaft wenigstens unter Abänderung des 
Gesellschaftsvertrags verfügen kann, oder nicht. Im ersteren Fall ist eine Rücklage, 
im # feine vorhanden (Staub-Pinner Anm. 17, anders Riesenfeld, Ein- 
uß S. 100). 
5. Berfolgung des Anspruchs. Soweit Gesetz und Gesellschaftsvertrag Ab- Nr. 5. 
schrethungen und Rücklagen rechtfertigen, müssen die Vorstandsmitglieder sie dulden; 
o namentlich, wenn die Generalversammlung beliebig Reservefonds bedenken kann 
und sie dies in einer die Tantieme beeinträchtigenden Weise tut. Verletzt die 
Generalversammlung hierbei Gesetz oder Gesellschaftsvertrag, so wird jedes Vor- 
tandsmitglied die richtig berechnete Tantieme einklagen können, unbeschadet des 
nfechtungsrechts des Vorstands als Organ aus §5 271 Abs. 4 klhierzu O.L.G. 
Hamburg in H. G. Z. 1903 Hptbl. S. 277 und R.G. in J.W. 1904 S. 418 37). Auf 
die Feststellung ddes Reingewinns kann ein tantiemeberechtigtes Vorstandsmitglied 
ah wie ein Aktionär berufen; eine etwa beschlossene Einstellung der Gewinnaus- 
7 lung berührt dasselbe gemeinhin nicht (R.G. Z. XI S. 160 ff.). Ist die Tantieme 
r alle Vorstandsmitglieder zusammen ausbedungen, so hat gleichwohl im Zweifel 
jedes Witglied Anspruch gegen die Gesellschaft nach Kopfteil (B.G.B. 8 420; 
Staub-Pinner Anm. 22; a. M. Pinner Anm. II 3, vgl. R.O. H. G. XXIV S. 354 ff.). 
Scheidet ein Vorstandsmitglied im Laufe des Geschäftsjahrs ordnungsgemäß aus, 
ö2 it der Anteil verhältnismäßig nach dem Gewinn des ganzen Geschäftsjahrs zu 
erechnen. 
 
	        
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