Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

Nr. 2. 
Nr. 3. 
148 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. § 253 (Nr. 1—8). 
Die Generalversammlung ist, außer den im Gesetz oder im Gesell- 
schaftsvertrag ausdrücklich bestimmten Fällen, zu berufen, wenn das Inter- 
esse der Gesellschaft es erfordert. 
Entw. 1 § 233, II §5 248; Denkschr. I S. 143, II S. 3210; Komm. Ber. S. 
3908; A.D. H. G. B. Art. 236. 
Lit: Bodenheim, Die Einberufung einer Generalversammlung der A.G. 
Diss. 1909; Dabelstein (gleicher Titel) Diss. 1909. . 
1. Berufungsberechtigte. Ordentliches Organ für die Berufung der General- 
versammlung ist der Vorstand. Sofern Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder General- 
versammlung die Berufung verlangen, muß er das Erforderliche vornehmen. Auch 
wenn Gesetz oder Gesellschaftsvertrag die Berufung anderen Organen zuweisen, be- 
steht daneben Recht und Pflicht des Vorstands, erforderlichenfalls die Berufung 
vorzunehmen. Nur der Vorstand als Organ ist berufungsberechtigt. Wer ihn dar- 
stellt, bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln über die Geschäftsführung (Nr. 7 
zu § 231); dabei wird es genügen, daß der Vorstand tatsächlich von dem kom- 
petenten Organ bestellt war; etwaige Mängel bei der Bestellung werden für die 
Einberufungelegitimation nicht hinderlich sein (R.G. in I.W. 1911, 330). 
Im Licuidationszeitraum treten die Liquidatoren an seine Stelle (§5 298 Abs. 2). 
Nach dem Gesetz sind für die Berufung neben dem Vorstand zuständig im allge- 
meinen Interesse der Gesellschaft der Aufsichtsrat (§ 246 abs. 2), ferner bei Er- 
mächtigung des Gerichts ein Aktionärbruchteil (§ 254 Abs. 3) und in Sonderfällen 
die Gründer (5 190 Abs. 2, 3) sowie das Registergericht (§ 196 Abs. 1). Vgl. für 
Hypothekenbanken H.B. G. §8 4 Abs. 2 Z. 3. Allen diesen kann das Berufungsrecht 
auch durch den Gesellschaftsvertrag nicht genommen werden. Der Gesellschaftsver- 
trag, aber nur er, kann auch beliebig andere Organe und Personen mit der Be- 
rufung betrauen, auch Aktionäre; § 254 steht nicht entgegen, da er grundsätzlich 
nicht ein eigenes Berufungsrecht der Aktionäre, sondern das Recht derselben auf 
Berufung durch den Vorstand und Ausfsichtsrat regelt. Wer die Generalversamm- 
lung berufen hat, ist auch berechtigt, die Berufung rückgängig zu machen (Jo- 
how III S. 20f.). 
2. Notwendige Berufung. Nach dem Gesetz ist die Generalversammlung min- 
destens in jedem Geschäftsjahr einmal, nämlich zur Prlllung der Jahresbilanz 
(6 260) zu berufen, sog. ordentliche Generalversammlung. Im Ubrigen hat die Be- 
rufung stattzufinden, wenn ein der ausschließlichen Zuständigkeit der Generalver- 
sammlung anheimfallendes Geschäft vorzunehmen ist, wenn die Generalversamm- 
lung selbst (§ 256 Abs. 3, vgl. § 264) oder ein bestimmter Aktionärbruchteil (5 254) 
dies verlangt, wenn sich Verlust des halben Grundkapitals aus einer Bilanz ergibt 
(5 240 Abs. 1), und allgemein, wenn das Interesse der Gesellschaft es erfordert 
(vgl. § 246 Abs. 2), indessen nur das Interesse der Gesellschaft, nicht dasjenige der- 
Gläubiger (R.G.Z. XXXVI S. 29). Uber die Frage, wann „das Interesse der Ge- 
sellschaft es erfordert“ ist lebhafter Streit entstanden. Die Formulierung des R.G. 
in der Entsch. vom 3. Mai 1902, (Holdheim 1903 S. 197ff.), wonach der Vor- 
stand sich vor der Einlassung auf wichtige, kostspielige, riskante und darum das In- 
teresse der Aktionäre in besonderem Maße berührende Unternehmungen der Einwilligung 
der G.V. zu versichern habe, ist lebhaft angefochten worden. Vgl. aus der Literatur- 
die Gutachten von Staub und Lehmann, sowie das Referat von Rehm in 
den Verh. des 27. deutschen Juristent., ferner E. Jacobi in der Festschr. für F. 
Dahn 1905 Bd. 3 S. 245ff. Ganz abseits steht Simons Anschauung, wonach, 
eine Generalversammlung nur dann zu berufen sei, wenn eine Beschlußfassung über- 
Angelegenheiten der Aktiengesellschaft erforderlich sei, die unmittelbar oder mittelbar- 
durch Gesetz oder Statut zur Zuständigkeit der Generalversammlung gehören. 
(D.J.Z. 1904 S. 778ff.); dagegen K. Lehmann in D.S. Zt. 1904 S. 965 und Jacobit 
a. ua. O. Am richtigsten ist es, aus den Vorschriften über den Auftrag (B. G.B. § 27 
Abs. 3) die Lösung zu suchen, wobei freilich zu beachten ist, daß die Generalver- 
sammlung nicht die Rolle des Auftraggebers schlechtweg spielt. So auch E. Jacobi 
a. a. O. — Der Gesellschaftsvertrag kann weitere Berufungsfälle vorsehen. Mit- 
lieder des Vorstands und Aufsichtsrats sowie Liquidatoren, die nicht berufen, obschon. 
rund dafür gegeben ist, sind nach §§ 241, 249 haftbar (dazu R.G.Z. XXXV S. 87). 
3. Uber ungehörige Berufung Nr. 10 zu & 271. 
 
	        
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