Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

8 283 (Nr. 1-4). 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 4. Titel. 215 
erfolgen; weder zugunsten von Aktionären noch zugunsten von anderen, weder 
im Gesellschaftsvertrage noch durch den Vorstand oder ein sonstiges Gefellschafts- 
organ. (Vgl. R.G.3. LXVIII S. 242). Der Vorstand ist insoweit in der gesehlichen 
Vertretungsmacht beschränkt (Nr. 4 zu § 235). Erteilt der Vorstand vor dem Er- 
höhungsbeschluß eine Zusicherung, so handelt er als Vertreter ohne Vertretungs- 
macht. Eine Haftung der Vorstandsmitglieder gegenüber dem Zusicherungsempfänger 
wird regelmäßig nicht eintreten, weil der andere Teil den Mangel der Vertretungs- 
macht kennen muß (B.G. B. § 179 Abs. 3, Pinner Anm. I 1). Die Zusicherun 
kann durch Billigung der Generalversammlung im Erhöhungsbeschlusse nachträgli 
wirksam werden. 
2. Zusicherung bei oder nach dem Erhöhungsbeschluß. Zugleich mit dem Er- 
höhungsbeschluß oder nach ihm kann die Zusicherung stattfinden, sowohl Aktionären 
wie anderen gegenüber. Ein Beschluß der Generalversammlung über Zubilligung 
des Bezugsrechts bedarf nur einfacher Stimmenmehrheit (vgl. aber wegen der Ent- 
siehung 2c. des gesetzlichen Bezugsrechts Nr. 2 zu § 282). Hierbei hat ein Aktionär, 
em das Bezugsrecht zugestanden werden soll, keine Stimme, da der Beschluß die 
Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft (S§ 252 Abs. 3). Die Zusicherung 
wird regelmäßig von dem Vorstand als dem ordentlichen Vertretungsorgane gemacht. 
Doch steht es der Generalversammlung frei, hierfür ein anderes Organ zu bestimmen 
(Nr. 6 zu § 231). Insbesondere ist der Aufsichtsrat zur Zusicherung ermächtigt, 
wenn die Generalversammlung über die Zusicherung verfügt und die Ausführung 
des Beschlusses dem Aufsichtsrat überträgt. Eine wirksame Zusicherung durch die 
Generalversammlung selbst liegt vor, wenn diese auf Grund entsprechen er Verein- 
barungen die Zuteilung von Aktien an einen Sacheinleger oder -überlasser beschließt 
(5 279). Das eingeräumte Bezugsrecht ist vererblich und veräußerlich (R.G. in 
IJ. W. Schr. 1901 S. 484). 
3. Vorbehalt. Die Zusicherung kann nur vorbehaltlich des gesetzlichen Bezugs- 
rechts der Aktionäre gemacht werden. Dies bedeutet, daß es des Vorbehalts bedarf, 
insoweit den Aktionären das Bezugsrecht zusteht, insoweit alse dasselbe nicht durch 
l den Erhöhungsbeschluß genommen ist. Setzt die Generalversammlung in dem Er- 
schungeesch usse die Gewährung von Aktien für Sacheinlagen oder berlassungen 
est, so entfällt der Vorbehalt, da gerade hierdurch das gesetzliche Bezugsrecht ent- 
ogen wird. Ist die Zusicherung ohne ausdrücklichen Vorbehalt gescheheen, o ent- 
schridet der Parteiwille, ob das gesetzliche Bezugsrecht stillschweigend vorbehalten 
oder übergangen werden sollte. Nur im letzteren Falle ist die Zu icherung nichtig. 
Auch hier wüd regelmäßig eine Haftung der Vorstandsmitglieder gegenüber dem 
Susicherunggempfünger nicht eintreten loben Nr. 2). 
4. Alteres Recht. Früher bestand ein gesetzliches Bezugsrecht der Aktionäre 
nicht. Eine dem § 283 Abs. 2 entsprechende Vorschrift war schon im Art. 215a 
Abs. 4 des Gesetzes von 1884 enthalten. An sich gilt, wie das gesetzliche Bezugsrecht 
überhaupt, so insbesondere die Vorschrift des § 288 Abs. 1 auch für die vor dem 
1. Januar 1900 entstandenen Gesellschaften. Dagegen findet nach Art. 28 E.H.G.B. 
der § 283 Abs. 1 auf eine vor dem Inkrafttreten des neuen H.G.B. erteilte Zu- 
sicherung keine Anwendung. Daraus folgt nur, daß, wenn eine wirksame ältere 
Zusicherung besteht, sie durch das neu eingeführte gesetzliche Bezugsrecht nicht berührt 
wird. Die Frage, ob eine ältere Zusicherung als wirksam anzuerkennen ist, bleibt 
daneben offen. Unter der Herrschaft des Gesetzes von 1884 konnte ein Bezugsrecht 
nicht vor dem Echöhungsbeschlusse zugesichert werden. Vor diesem Gesetze war die 
Zusicherung von Bezugsrechten nicht beschränkt. Darüber, ob die damals, namentlich 
im Oesellschaftsvertrag eingeräumten Bezugsrechte dem Gesetze von 1884 gegenüber 
Bestand hätten, ist lebhaft gestritten worden. Das Reichsgericht hat dies, im Gegen- 
satze zu Außerungen der Literatur (Riesser in Z. XXXVIII S. 114f#W., Ring, A.G. 
S. 363f., Staubs5 S. 462 f. in ständiger Rechtsprechung verschiedener Senate bejaht 
(R.G.Z. XXVII S. 1ff., XXVIII S. 78ff., XLII S. 103, XLVII S. 26, LXV Nr. 6, 
J.W. Schr. 1891 S. 512ff., 1897 S. 241 f., 1900 S. 755, 1901 S. 485; auch 
R.O. H.G. XVII S. 146). Damit ist die Frage für die Praxis entschieden, obwohl 
der Ansicht des Reichsgerichts auch jetzt noch fü#r das vor dem Erhöhungsbeschluß 
eingeräumte Recht auf Bezug zu einem bestimmten Kurse (dem x entgegen- 
steht, daß, wie nach dem GEesets von 1884, so nach dem neuen H.-G.B. die General- 
versammlung über die Erhöhung zu beschließen hat, daß sie hierbei den Mindest- 
  
Nr. 2. 
Nr. 3. 
Nr. 4.
	        
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