5294 (Nr. 2—4). 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 5. Titel. 239
2. Folgen der Fortsetzung der Gesellschaft während der Lignidation. Daraus, Nr. 2.
daß die Persönlichkeit der Aktiengesellschaft in der Liquidationsgesellschaft erhalten
wird, ergeben sich zahlreiche-Einzelfolgen (eingehend Makower Anm. II), von denen
hervorzuheben sind: Auch die Liquidationsgesellschaft ist Handelsgesellschaft und gilt
daher als Kaufmann (R.O. H.G. XXII S. 328 f., anders Simon, Bilanzen S. 451).
Die Firma erhält zwar einen die Liquidation andeutenden Zusatz („in Liquidation“,
vgl. § 298 Abs. 1 mit § 153), bleibt aber trotzdem die alte (R.G.8. XV S. 105,
XXIXS. 68). Die Organisation der Gesellschaft mit Vorstand, Aufsichtsrat, General=
versammlung und sonstigen besonderen Vertretern, z. B. im Falle des § 268 (vyl.
R.G.z. LXXIV, 301) besteht fort, mit der Maßgabe freilich, daß an die Stelle des
Vorstandes der Liquidationsvorstand tritt, der angemeldet, eingetragen und bekannt
emacht werden muß (5 296). Natürlich hat neben dem Liqutidattionsvorstand ein
Vorstand im eigentlichen Sinne keinen Platz. Er wird von dem Liquidationsvorstand
abgelöst (TFohow XIV S. 241, Makower Anm. llc, Staub-Pinner Anm. 6).
Die einzigen Akte, zu denen der Vorstand noch trotz der mit der Auflösung ein-
getretenen Liquidation berufen ist, sind die Anmeldung der Auflösung und der ersten
iquidatoren (§5 293, 296). Die Aktionäre sind einerseits nach wie vor im allge-
meinen auf die Bahmehmungihrer Mitgliedschaftsrechte in der Generalversammlung
angewiesen (R.O. H. G. XVI S. 286 f., R.G. Z. III S. 54 ff.), andererseits in der Lage,
die ihnen durch besondere gesebliche Bestimmungen gewährleisteten Befugnisse ferner
auszuüben (oal. § 299 Abs. 2 in Verbindung mit §s 263, 264, 266). Die Liquidations-
geie schaft überkommt die Rechte und Pflichten gegenüber den Aktionären; der
iquidationsvorstand kann deshalb auch ausstehende Einlagen einfordern, soweit
der Liquidationszweck dies rechtfertigt (R.O. H. G. XXII S. 135 fta R.G. . XUV
S. 153 ff., vgl. Nr. 10 zu § 292). Die Liquddationsgesellschaft tritt weiter in die
Vertragsverhältnisse der aufgelösten Gesellschaft ein. Grundsätzlich werden diese
durch die Auflösung nicht berührt. Namentlich werden betagte Verbindlichkeiten der
Gesellschaft nach Aktienrecht durch die Auflösung nicht fällig und müssen die auf
längere Dauer abgeschlossenen Verträge beiderseits ausgehalten werden. Das Gegen-
teil kann sich aus der Natur des betreffenden Verhältnisses nach allgemeinen Grund-
sätzen ergeben, namentlich dann, wenn bei dessen Eingehung das produktive Fort-
bestehen der Gesellschaft allseitig vorausgesetzt wurde. (Dazu R.O. H. G. XXIV S. 247 ff.
KR.G.Z. V S. 7 ff., IX S. 14ff., XXIV S. 70ff., R G. in Seuffert IXV Nr. 25;
auch Wiener in Z. XXVII S. 348f.) Möglicherweise trifft B. G. B. § 321 zu. Der
Liquidationsgesellschaft verbletben weiter alle Rechte der Aktiengesellschaft, selbst wenn
alle Aktien in einer Hand sind. Demnach bedarf es solchenfalls zur Ubertragung
von Gesellschaftsgrundstücken der Auflassung an den Inhaber der Aktien (K.G. in
O.L. G. Rsp. XIX S. 338). Auch die Dienstverträge mit den Angestellten bleiben
grundsätzlich unberührt (R.G. in L. Z. 1908 S. 694).
3. Beschränkung durch den Liquidationszweck. Die Beschränkung der Liqui- Nr. 3.
dationsgesellschaft auf die Erfüllung der Liquidationsaufgaben wirkt allerdings vielfach
auf die Verhältnisse der Gesellschaft ein. Das Gesetz zieht der Befugnis der Liqui-
datoren zur Geschafbsführung und Vertretung enge Grenzen (5 298 Abs. 1 mit 85 149,
151). teweit die Zuständigkeit der sonstigen Gesellschaftsorgane reicht, läßt sich nur
im Einzelfalle nach dem Liquidationszwecke bestimmen. Abänderungen des Gesell-
schaftsvertrags sind keineswegs gänzlich ausgeschlossen, so namentlich nicht Abände-
rungen von Bestimmungen, die sich gerade auf die Liquidation beziehen (Johow XV
S. 36, anders Gierke, Genossensch.Theorie S. 894). Unzulässig erscheint im all-
gemeinen, als mit dem Liquidationszwecke nicht vereinbar, beispielsweise eine Ver-
legung des Gesellschaftssitzes (Johow XV S. 3öff.; a. M. Makower Anm. IId,
Staub--Pinner Anm. 11), die Erweiterung des Gegenstandes des Unternehmens, die
Einführung neuer Bevorrechtigungen oder Benachteiligungen in bezug auf die Ver-
mögensverteilung (Makower Anm. IId1) und eine Erhöhung oder Herabsetzung
des Grundkapitals (O. L. G. Dresden in Busch XLVII S. 78, Makower Anm. Id2;
a. A. Staub. Pinner Anm. 11; vgl. für die Erhöhung § 313 Z. 3, wo der Liqui-
datoren nicht gedacht ist; a. M. Pinner Anm. IV zu §5 292). Gesetzlich untersagt
ist die Destellung von Prokuristen (§ 298 Abs. 4). Handlungsvollmachten bleiben,
insoweit ihr Inhalt mit der Liquidationsaufgabe verträglich ist, bestehen (O.L.G.
Dresden in Busch XLV S. 361).
4. Das ältere Recht enthielt eine entsprechende ausdrückliche Bestimmung nicht. Nr. 4.
Doch war seine Lage sachlich die gleiche (ugl. Denkschr. S. 3218).