5 185 (Nr. 1—2). 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 1. Titel. 19
Literatur: Meili, Die Lehre von den Prioritätsaktien 1874; v. Strombeck,
Uber Prioritäts--Stammaktien in Busch XXXIII S. 1; auch Bluntschli,
Rechtsgutachten über die Ansprüche der Prioritätsaktien der Gesellschaft der Ver-
einigten Schweizerbahnen 2c. 1873; Munzinger, Die Ansprüche der Prioritäts=
aktien 2c. 1873; K. Lehmann, A. G. L 193, II 395, 407.
Aktiengattungen. 1. Jedes Mitgliedschaftsrecht ist grundsätzlich dem anderen
inhaltlich gleich, namentlich hinsichtlich des Anspruchs auf den Gewinn und das
Vermögen der Gesellschaft. Abweichungen hiervon können durch den Gesellschafts-
vertrag, den ursprünglichen oder entsprechend abgeänderten (letzteres zumal bei Er-
höhung des Grundkapitals R.G. in D. J.Zt. 1902 S. 547) bestimmt werden und
müssen es in erschöpfender Weise, um bindend zu sein. Hierdurch entstehen Aktien-
gattungen. Die Aktiengattung kann auch aus einer einzigen Aktie bestehen. Ein
nicht Einzelaktien, sondern Einzelaktionären gewährter Vorzug wird indessen
nicht von § 185, sondern von §5 186 Abs. 1 betroffen.
2. Art der Berschiedenheit. Welcher Art die Abweichungen sind, ist Tat-
krag-, Insbesondere kann gewissen Aktien ein Vorzugsrecht in Bezug auf den
eingewinn eingeräumt sein. Regelmäßig geschieht dies durch Festsetzung eines
bestimmten Gewinnanteils (Dividende) für die Vorzugsaktien, vielfach mit der Maß-
gabe, daß diese Dividende, wenn sie durch den Gewinn des laufenden Jahres nicht
gedeckt wird aus dem Gewinn der folgenden Jahre vor Entrichtung einer Dividende
an die gewöhnlichen Aktien (Stammaktien) zu begleichen ist (Nachbezugsrecht).
Dies widerspricht weder der Natur des Dividendenanspruchs, da dieser nicht auf
Betriebsergebnisse, sondern auf Bilanzgewinn angewiesen ist, noch dem § 215 Abfl. 1,
weil hier der Zins nur aus dem Gewinn entnommen wird. N.G.Z. LXVIII S. 238).
Ein Nachbezugsrecht ist nicht zu unterstellen: die Bilanz setzt den Gewinn für das
abgelaufene Jahr endgültig fest; nach Maßgabe des Gewinns erschöpft sich jedes
Mal der Dividendenanspruch. Das Nachbezugsrecht ist deshalb überhaupt kein
Dividendenanspruch, sondern ein Forderungsrecht aus einer Garantieübernahme,
mittels deren die Gesellschaft die bestimmte, nicht erreichte Dividende auf den Rein-
ewinn der Nachjahre anweist (R.O. H. G. XXII S. 367ff., R.G.Z. XV S. 101;
iener in Z. XXIII S. 335ff.; aber auch K. Lehmann a. a. O. 409). Für den
Beweis, daß die Aktie ein solches über den Dividendenanspruch hinausgehendes
Forderungsrecht Kewöhrt, ist freilich die Heran ziehung aller Umstände des Falles
statthaft. Das Nachbezugsrecht haftet im Zweifel an dem Gewinnanteilschein des
betreffenden Jahres (R.O. H. G. XXII S.365). Zumal nach der historischen Ent-
wicklung des Nachbezugsrechts ist anzunehmen, daß das laufende kohbendenh
der Vorzugsaktien dem Nachbezugsrecht vorgeht (R.O. H. G. XXII S. 368ff.; R.G.Z.
IX S. deof. vgl. XIV S. 168 ff., XV S. 95ff.) und daß bei Konkurrenz des Nach-
getgrechie mebrght Jahrgänge das ältere vor dem jüngeren zur Hebung kommt
„O. H. G. a. a. O.).
Die Vorzugsaktien können weiter dahin im Vorteil sein, daß ihnen bei der
Auflösung der Gesellschaft vorweg der Nennbetrag aus dem Liquidationserlös
jukommt wobei bezüglich der Gestaltung der Verzugsberechtigung Vertragsfreiheit
errscht (R.G.3. IXVIII S. 239). Aus dem Vorrecht auf den Reingewinn folgt ein
#ol es weitere Vorrecht nicht, da den Vorzugsaktien von der Gesellschaft keine un-
bedingt feste und deshalb bei der Auflösung zu kapitalisirende Rente zugesichert sein
kann (5 215 Abs. 10. Im Wege der Vertragsauslegung wurde einer derartigen
Anordnung des Gesellschaftsvertrags nur die Bedeutung zuerkannt, daß sie die
Verteilungsart bestimme, sofern eine einheitliche Summe die zu verteilende Liqui-
dationsmasse bilde, daß dagegen durch sie ein Verkauf unter Festsetzung gesonderter
Preise für beide Aktiengattungen, ohne Rücksicht auf jene Rangordnung nicht aus-
geschlossen wurde (R.G.ZS. XIV S. 128ff.).
Auch bei Nebeneinanderbestehen von Aktien mit Verpflichtung zu Nebenleistungen
im Sinne des §5 212 und ohne solche sind mehrere Aktiengattungen vorhanden.
Nicht werden dagegen mehrere Aktiengattungen durch Verschiedenheit im
Aktienbetrag geschaffen (5 189 Abs. 2). Nicht ferner dadurch, daß die einen Aktien
auf Namen, die anderen auf den Inhaber lauten, da nach herkömmlicher, durch
das bisherige Recht (Art. 209 Abs. 2 Z. 4, 209e Abf. 1) bestätigter Auffassung hiermit
eine Verschiedenheit nach der Aktien art im Gegensatz zur Aktien gattung begründet
wird (so ausführlich Makower Anm. Ia). Nicht auch, in weiterer Verfolgung
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