Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

270 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. ʒ 306 (Nr. 6—7). 
der Übernehmenden Gesellschaft eintritt, ist die übertragende Gesellschaft durch 
Gesamtnachfolge der Übernehmenden in ihr Vermögen erledigt. Dieser Zeitpunkt 
ist kraft zwingenden Rechts maßgebend, nur durch Hinausschiebung der Anmeldung 
zur Eintragung können die Gesellschaftsorgane ihn beeinflussen (R.G. in L. Z. 1909 
S. 543). Die übertragende Gesellschaft hat fortan keine Firma, kein Vermögen, 
keine Parteifähigkeit, keine Aktionäre, keine Vertreter mehr; soweit sie ein körper- 
schaftliches Nachleben führt, vollzieht dieses sich im Schoße der übernehmenden 
Gesellschaft (vgl. hierzu Wiener in 3. XXVII S. 370ff., Johow XI S. 129ff.). 
Dies gilt auch dann, wenn nach dem Fusionsvertrag die fusionierte Gesellschaft 
als Abteilung der fusionierenden fortgeführt werden soll (O.L.G. Karlsruhe bei 
Kaufmann V S. 118). Für Ubertragungsakte hinsichtlich der Bestandteile ihres 
Vermögens ist kein Raum. War die übertragende Gesellschaft im Grundbuch ein- 
getragen, so ist mit der Verschmelzung das Grundbuch hierin unrichtig geworden 
und das Berichtigungsverfahren aus G.B.O. § 22 zulässig (Nr. 4 zu §& 304), 
Hypothekenforderungen gehen ohne weiteres auf die Übernehmende Gesellschaft 
über (K.G. in O.L.G. Rspr. XI S. 35). Handelt es sich um Kredithypotheken, 
so wird allerdings der Eintrag auf die Kreditierungen seitens der übernehmenden 
Gesellschaft durch Zusatzintabulat zu erstrecken sein (Erlanger in Holdheim 
1905, 10 f., vgl. O.L.G. Hamburg in O.L.G. Rspr. X, 240). Wieweit die üÜüber- 
nehmende Gesellschaft behufs Legitimation die Umschreibung zu erzielen hat, 
richtet sich nach materiellem Recht. Wegen Fortsetzung des Dienstvertrags 
eines Vorstandsmitglieds der beendeten Gesellschaft vgl. O. L. G. Stuttgart in 
Seuffert XIVII S. 401ff. Auf die zur Zeit der Verschmelzung anhängigen 
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen die übertragende Gesellschaft Partei ist, 
wirkt die Verschmelzung wie der Tod dieser Partei (Z.P.O. 55 239 ff., R.G.Z. LVI 
S. 331). Die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen für und gegen die über- 
nehmende Gesellschaft als Rechtsnachfolgerin der im Urteil als Gläubiger oder 
Schuldner bezeichneten übertragenden Gesellschaft wird durch Z. P.O. 8 727 bestimmt. 
Die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft sind nunmehr Aktionäre der Über- 
nehmenden und haben einen Anspruch auf Aktienurkunden der letzteren nach Maß- 
gabe des Vertrags. Ihre Eigenschaft als solche Aktionäre mit allen sich hieraus 
ergebenden Befugnissen, namentlich dem Stimmrecht, ist davon abhängig, ob die 
Gläubigerschutzvorschriften (unten Nr. 7) erledigt sind oder nicht. Stehen auf die 
Aktien der beendeten Gesellschaft noch Beträge aus, so gelangt das Recht auf deren 
Einforderung an die übernehmende Gesellschaft (vgl. dazu den Rechtsfall in Löhr, 
Zentral. Organ N.F. IV S. 46ff.). Die Firma der üÜbertragenden Gesellschaft ist 
für diese erloschen. Das Erlöschen wird von Amts wegen eingetragen (vgl. § 31 
Abs. 2). Die Übernehmende Gesellschaft kann die Firma nach allgemeinen Grund- 
sätzen zufolge vertragsmäßiger Gestattung fortführen. 
5. Die Schulden der übertragenden Gesellschaft. Der Glänbigerschutz. Die 
" übernehmende Gesellschaft haftet mit der Verschmelzung für die Schulden der über- 
tragenden ohne jede Beschränkung (§5 304 Abs. 5 „einschließlich der Schulden",), 
nicht etwa nur, wie nach B. G. B. § 419, auf den Bestand des übernommenen 
Vermögens. Eine entgegenstehende Vereinbarung zwischen den beteiligten Gesell- 
schaften ist für unwirksam zu erachten. Das Gesetz setzt offenbar volle Haftung der 
bernehmenden Gesellschaft für die Schulden der übertragenden als notwendig voraus. 
In diesem Sinne ist im § 306 Abs. 4 von den „übrigen Gläubigern“ der übernehmenden 
Gesellschaft gesprochen. Auf den Inhalt des Schuldverhältnisses wirkt die Gesamt- 
nachfolge im allgemeinen nicht ein; doch kann sich aus der Besonderheit des Schuld- 
verhältnisses ein Anderes ergeben. Es gelten hierfür die Regeln wie bei Eintritt der 
Gesellschaft in Liquidation (Nr. 2 zu § 294; R.G. Z. IX S. 20 f.; O. L. G. München bei 
Kaufmann VI6S. 89, R. G. Z. LX S. 56; R.G. im Recht 1906, 503; O.L.G. Düsseldorf 
in O.L.G. Rspr. XVII, 53; R.G. in L. Z.1909, 229, 482; O. L. G. Hamburg in O.L.G. Rspr. 
XXIV 140). Um indessen die Gläubiger gegen die Folgen des Wechsels in der Person des 
Schuldners zu schützen, hat das Gesetz eine Anzahl besonderer Vorschriften getroffen. 
Es ist eine Art körperschaftlichen Nachlebens der übertragenden in der übernehmenden 
Gesellschaft anerkannt. Das Vermögen der übertragenden Gesellschaft ist mindestens 
bis zur gebörigen Befriedigung oder Sicherstellung ihrer Gläubiger getrennt von 
dem sonstigen Vermögen der Übernehmenden Gesellschaft zu verwalten und wird 
für die Dauer der getrennten Verwaltung zugunften dieser Gläubiger so behandelt,
	        
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