Nr. 4.
Nr. 5.
284 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaften. § 311 (Nr. 3—6).
dem Sinne des Gesetzes nicht auf den Fall des § 311 Abs. 1 zu beschränken. Kann
die nichtige Gesellschaft Verpflichtungen gegen Dritte eingehen, so muß sie die
Dritten auch unter Heranziehung der Gesellschafter befriedigen können. Es geht
nicht an, die Dritten, die eine Nichtigerklärung der Gesellschaft im Klagewege nicht
einmal zu erzielen vermögen (§5 309), auf die Zeit nach Eintragung der Nichtigkeit
zu vertrösten (a. M. Makower Anm. IIIa 3). Danach sind die Gesellschafter auch
nicht befugt, die Legitimation der Gesellschaftsorgane Lu beanstanden, sofern es sich
um die Einziehung von Einlagen zum Zwecke der Befriedigung Dritter handelt.
Ferner darf die Geltendmachung der Nichtigkeit nicht den gesetzlich zugelassenen
Heilungsbeschluß (5 310) vereiteln; für dessen Vorbereitung, Fassung und Durch-
führung wird die Gesellschaft im Verhältnisse zu den Aktionären als gültig be-
trachtet. Endlich wird nach Eintragung der Nichtigkeit die Gesellschaft als Liqui-
dationsgesellschaft auch nach innen rechtsbeständig (5 311 Abs. 1), kann deshalb im
Prozeß als Partei auftreten (R.G.3. LIX Nr. 88).
4. Folge der Eintragung der Nichtigkeit. Die Nichtigkeit wird entweder auf
Grund eines eingereichten rechtskräftigen Urteils (5 309 mit 5 273 Abs. 1) oder im
Verfahren von Amts wegen (D. F.G.G. § 144) in das Handelsregister eingetragen.
Auch in dem letzteren Falle kommt nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes der
8 311 * Anwendung (Hahn-Mugdan, Mat. VII zum D. F.G.G. S. 173 f.).
Nach Eintragung der Nichtigkeit findet die Abwickelung entsprechend den Vor-
schriften statt, die für den Auflösungsfall gegeben sind. Die nichtige Gesellschaft
wird mit der gedachten Eintragung — nicht schon mit der Rechtskraft des auf
Nichtigerklärung lautenden Urteils (a. M. Makower Anm. IIa) — eine gültige
Liquidationsgesellschaft mit der einer solchen zukommenden Rechts- und Handlungs-
fähigkeit; ihre bisher zu Unrecht vorhandenen Organe werden nunmehr rechtmäßige
Liquidationsorganc. Die Liquidation erfolgt nach den gewöhnlichen Grundsätzen.
Uber das Vermögen der Liquidationsgesellschaft kann auch das Konkursverfahren
eröffnet werden (Denkschr. S. 3223, R.G. in Seuffert LX Nr. 216).
5. Die Einforderung von Einlagen zur Erfüllung von Verbindlichkeiten kann
vor und nach der Nichtigerklärung, vor und nach Eintragung der Nichtigkeit er-
folgen (oben Nr. 3). Das einfordernde Organ hat, wenn ihm die Nichtigkeit
entgegengesetzt wird, zu beweisen, daß die Einforderung zu dem gedachten Zwecke
nötig ist. Im übrigen ist so zu verfahren, als handelte es sich um eine von
Anbeginn gültige Gesellschaft. Deshalb ist die Einforderung gegenüber allen
Beteiligten in demselben Maßstabe zu bewirken, da eine ungleichartige Behandlung
von Aktionären allgemeinen Grundsätzen widerspricht. Deshalb ist jeder zur Leistung
Herangezogene nur dann zu ihr verpflichtet, wenn er unter der Voraussetzung
ursprünglicher Gültigkeit der Gesellschaft au leisten hätte (Denkschr. S. 3223).
Im Liquidationszeitraum erscheint die Einforderung von Einlagen auch zum Zwecke
der Ausgleichung gemäß § 300 Abs. 3 zulässig. Denn der § 300 enthält Liquidations-
vorschriften und diese sind nach § 311 Abs. 1 hier entsprechend anwendbar.
6. Dem älteren Rechte fehlten, wie Vorschriften über die Gültigkeit über-
haupt. so auch solche über deren Folgen. Der Abs. 1 des §5 311 ist unbedenklich
als das Verfahren regelnde Bestimmung schlechthin anwendbar, sobald seit dem
1. Januar 1900 die Nichtigkeit einer Aktiengesellschaft registriert ist. Die Abs. 2
und 3 können nur für Rechtsgeschäfte gelten, die seit demselben Tage mit Dritten
vorgenommen sind. #a# frühere Geschäfte verbleibt es bei derselben Rechtslage,
wonach ein Handeln für die nichtige Gesellschaft nur die Handelnden verpflichtete.
Sechster Titel.
Strafvorschriften.
Literatur: Edwin Katz, Die strafrechtlichen Bestimmungen des H. G. B.,
2. Aufl. 1902; Lindenberg in Stengleins Kommentar zu den strafrechtlichen
Nebengesetzen 4. Aufl. 1911 I S. 937ff.; A. Frassati in Z. f. d. gesamte Straf.
rechtswissenschaft XV. S. 409ff.; Rehm, Bilanzen S. 845ff.; Stark, Strafbare
Handlungen auf dem Gebiete des Aktienrechts Diss. 1910.