Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

Nr. 1. 
Nr. 2. 
Nr. 3. 
64 II. Buch. Handelsgesellschaften u. stille Gesellschaft. § 210 (Nr. 1—3). 
Zweiter Titel. 
Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter. 
8 210. 
Die Aktiengesellschaft als solche hat selbständig ihre Rechte und 
Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken 
erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. 
Die Aktiengesellschaft gilt als Handelsgesellschaft, auch wenn der 
Gegenstand des Unternehmens nicht in dem Betrieb eines Handels- 
gewerbes besteht. 
Entw. I § 196, II § 208; Denkschr. I S. 131, II S. 3203; A.D. H. G. B. 
Art. 213 Abs. 1, 208. 
1. Rechtsfähigkeit. Die Aktiengesellschaft ist juristische Person, und zwar 
Privatverein (Nr. 2 vor § 178). Als golche ist sie rechtsfähig, fähig Rechte und 
Pflichten zu haben, sofern nicht diese ihrer Beschaffenheit nach nur für physische 
Personen gelten. Sie kann insbesondere Vermögen, namentlich Eigentum und 
andere dingliche Rechte an Grundstücke erwerben, aber nur wie jeder als juristische 
Person anerkannte Privatverein. Deshalb unterliegt sie den Beschränkungen, die 
für den Eigentumserwerb solcher Vereine nach Landesrecht bestehen. [In Preußen 
sind preußische Aktiengesellschaften von den Beschränkungen, denen der Erwerb von 
Grundstücken durch juristische Personen unterliegt, ausgenommen (A.G. z. B. G.B. 
Art. 7 5 1 Abs. 2), nichtpreußische deutsche sowie nichtdeutsche Aktiengesellschaften in- 
soweit den allgemeinen Beschränkungen für juristische Personen unterworfen (ebd. 
Art. 7 §2 Verordn. v. 16. Nov. 1899 Art. 6; für früheres Recht Johow XVI 
S. 72ff.). Die in Preußen für Schenkungen und Zuwendungen von Todes wegen 
bestehenden Erwerbsbeschränkungen treffen die Aktiengesellschaften schlechthin (ebd. 
Art. 6). Vgl. auch E. B. G.B. Art. 86, 88.] Nach dem Reichsgesetz vom 12. 5. 1901 8 54 
bedürfen Versicherungsaktiengesellschaften zum Erwerbe von Grundstücken der Geneh- 
migung der Aufsichtsbehörde, soweit es sich nicht um den Erwerb von ihnen beliehener 
Grundstücke im Zwangsversteigerungsverfahren oder um den Erwerb von Grundstücken, 
die für Zwecke des Geschäftsbetriebes bestimmt sind, handelt. Auch aus dem Aktien- 
recht können sich Beschränkungen der Rechtsfähigkeit ergeben. So ist es zwar zu- 
lässig, daß die Aktiengesellschaft Mitglied einer anderen juristischen Person, unzulässig 
aber jedenfalls unter Umständen, daß sie Teilhaberin einer offenen Handelsgesellschaft 
wird (Nr. 3 zu §5 105). Erbe und Vermächtnisnehmer kann die Aktiengesellschaft 
wie jede juristische Person sein (vgl. B. G.B. § 2101 Abs. 2); ebenso Bevollmächtigter 
(vgl. O. L. G. Dresden in Z. XXXV S. 242). 
Eine besondere staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit (B.G.B. 5 22) kommt 
nicht in Betracht, weil die Aktiengesellschaft nach H.G.B. rechtsfähig ist (vgl. für 
früheres Recht R.O. H. G. XI S. 121f.). 
2. Parteifähigkeit. Die Aktiengesellschaft ist für den Zivilprozeß parteifähig; 
prozeßfähig ist sie wie jede juristische Person nach der Z. P.O. nicht (R.G. Z. XII 
S. 398 ff.). Ihr Gerichtsstand wird durch Z.P.O. 5 17 bestimmt. Im Prozeß der 
Aktiengesellschaft kann wegen ihrer Selbständigkeit der einzelne Aktionär als Zeuge 
vernommen werden, als Nebenintervenient auftreten, Richter sein (R.G. Z. VII 
S. 312). Wegen der Vertretung durch den Vorstand Nr. 8 zu § 231. 
3. BVerantwortlichkeit. Die Aktiengesellschaft begründet namentlich durch ihre 
Organe Rechte und Pflichten. Sie wird durch die von dem Vorstand oder von 
einem sonst berufenen er oder diesem gegenüber abgegebenen Willenserklärungen 
unmittelbar berechtigt und verpflichtet (vgl. B.G.B. § 164). Sie hat in Betreff der 
Erfüllung der ihr obliegenden Verbindlichkeiten ein Verschulden dieser Organe wie 
eigenes Verschulden u vertreten (B.G.B. 278). Sie ist endlich schlechthin für den 
Schaden verantwortlich, den der Vorstand, eines seiner Mitglieder oder ein anderer 
verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden
	        
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