Full text: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Zweiter Band. (2)

Vorbemerkungen (Nr. 5—6). 3. Abschnitt. Aktiengesellschaft. 3 
5. Altere Gesellschaften (dazu Riesenfeld, Der Einfluß des neuen Aktien. Nr. 5. 
rechts auf die Statuten der bestehenden Gesellschaften 1899; Riesser, Die Neuerungen 
im deutschen Aktienrecht 1899; auch K. Lehmann in Z. XUVIII S. 1ff.). Die Aktien- 
gesellschaft des H. G. B. war und ist juristische Person, und zwar rechtsfähiger Verein kraft 
besonderer reichsgesetzlicher Vorschrift. Nach E. B.G.B. Art. 163 finden auf die zur Zeit 
des Inkrafttretens des B.G.B. bestehenden juristischen Personen von dieser Zeit an u. A. 
die Vorschriften der §§ 25 bis 53 B. G. B. Anwendung. Dies trifft grundsätzlich auch die 
Aktiengesellschaften. Auf sie können aber vom 1. Januar 1900 ab die 5825 bis 53 B.G.B. 
nicht schlechthin, sondern nur mit der Maßgabe angewendet werden, daß das neue Aktien- 
sonderrecht ihnen vorgeht: mit dem ergänzenden tritt das ergänzte Recht für sie in Kraft. 
Nach dem Sinne des angeführten Art. 163 bleibt für die Entstehung der älteren Aktien- 
gesellschaften das frühere Recht maßgebend. Aber die Organisation der Gesellschaften, 
ihre gesamte Lebenstätigkeit ist vom 1. Januar 1900 ab dem neuen Recht unterworfen, 
soweit nicht ein Anderes sich aus den ausdrücklichen Vorschriften des E. H.G. B. 
(Art. 22ff.) ergibt. An sich werden die älteren Gesellschaften von zwingenden und 
nicht zwingenden Vorschriften des neuen Rechtes gleichmäßig ergriffen. Daraus folgt 
indessen nicht, daß die Bestimmungen der Gesellschaftsverträge durch die Dispositionor- 
men des neuen Rechtes ersetzt werden. Vielmehr behalten diese Bestimmungen Geltung, 
als seien sie unter dem neuen Rechte gegeben. Nur insoweit ein Gesellschaftsvertrag 
egen zwingende Vorschriften des neuen Rechtes verstößt, tritt das letztere an seine 
telle. Dice Grundsätze entsprechen der in der Denkschrift zum H.G. B. enthaltenen 
Bemerkung, es mühsse im allgemeinen, ebenso wie dies in den Ubergangsbestimmungen 
des G. vom 18. Juli 1884 geschehen sei, davon ausgegangen werden, daß die neuen 
aktienrechtlichen Vorschriften auch auf die bestehenden Gesellschaften Anwendung 
finden, soweit nicht die Wirkung von Rechtsakten in Frage steht, die bereits unter der 
Herrschaft des alten Rechtes vollendet sind (vgl. auch Begründung 1884 S. 257). 
So auch K. Lehmann in Z3 XLVIII S. 114 ff., Riesenfeld, Einfluß S. 6 ff., 
Makower vor § 178 Anm. III, Staub-Pinner §+ 178 Anm. 1 f.; a M. Riesser, 
Neuerungen S. 147 ff., der annimmt, daß die neuen Vorschriften auf ältere Gesell- 
schaften insbesondere insoweit unanwendbar sind, als eine abweichende Organisation 
der Gesellschaft nach Maßgabe des früheren Rechts geschaffen ist. 
Die Denkschrift zum H.G.B. geht davon aus, daß die Uebergangsbestimmungen 
der Aktiennovelle von 1884 (55 2 bis 7) auch unter dem neuen Recht fortgelten. 
Der Grundsatz ist sehr bedenklich. Das G. von 1884 hatte keine selbständige Be- 
deutung. Es war nichts, als ein Ersatz für gewisse Bestimmungen des alten H.G.B., 
und zwar auch insoweit, als es Uebergangsvorschriften enthielt; es stellte in seinem 
ganzen Umfang das nunmehrige Recht des H.G.B. für ältere und neue Aktien- 
gesellschaften dar. Da das bisherige H.G.B. ganz durch das neue ersetzt ist, so 
erscheint es danach mehr als zweifelhaft, ob nicht auch die §5 2 bis 7 des G. von 
1884 durch das jetzt geltende H.G. B. beseitigt sind. K. Lehmann in 3. XLVIII 
S. 119f.; a. M. Riesser, Neuerungen S. 158f. 
Insoweit es sich nicht um die Organisation, die Lebensbetätigung der Aktien- 
esellschaft handelt, greifen die allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechtes 
über die zeitliche Anwendbarkeit der Gesetze Platz, sofern E. H.G.B. nicht abweicht. 
6. Ausländische Aktiengesellschaften. Die Rechtsfähigkeit solcher bemißt sich Nr. 6. 
nach ausländischem Recht. Einer Anerkennung durch Beschluß des Bundesrates 
(E.G. zum B. G. B. Art. 10) bedarf es nicht (a. A. O.L.G. Hamburg in H.G.Z. 1903 
Hptbl. S. 253). Ebenso bestimmt sich ihre Verfassung und Geschäftsführung grund- 
sätzlich nach dem Recht des Staates, in dem sie ihren Sitz hat, selbst wenn sie eine 
Zweigniederlassung in Deutschland hat. (R.G. Z. LXXIII Nr. 92.) Vgl. im einzelnen 
K. Lehmann, A. G. I S. )19Fh 261 ff.; Mamelok, Die jurist. Person im inter- 
nationalen Privatrecht 1900; A. Silbernagel, Die Gründung der Aktiengesell- 
schaft nach deutschem, schweizerischem und englischem Aktienrecht 1907; J. Schwandt, 
Die deutschen Aktiengesellschaften im Rechtsverkehre mit Frankreich und England 1912. 
Vgl. ferner W. Böhm, Uber Aktionärschutz nach deutschem, englischem und fran- 
zösischem Recht 1910, sowie in diesem Kommentar bei einzelnen ös, insb. § 201. 
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