Full text: Modernes Lehrbuch für Deutsche Staatskunde.

E. Anhang. 
II. Reichsgesetzgebung. 
Artikel 2. 
Innerhalb dieses Bundesgebietes übt das Reich das Recht der Gesetzgebung nach 
Maßgabe des Inhalts dieser Verfassung und mit der Wirkung aus, daß die Reichsge- 
setze den Landesgesetzen vorgehen. Die Reichsgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft 
durch ihre Verkündigung von Reichs wegen, welche vermittelst eines Reichsgesetzblattes 
geschieht. Sofern nicht in dem publizierten Gesetze ein anderer Anfangstermin seiner 
verbindlichen Kraft bestimmt ist, beginnt die letztere mit dem vierzehnten Tage nach 
dem Ablauf desjenigen Tages, an welchem das betreffende Stück des Reichsgesetzblattes 
in Berlin ausgegeben worden ist. 
Artikel 3. 
Für ganz Deutschland besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung, daß der 
Angehörige (Unterthan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem anderen 
Bundesstaate als Inländer zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum 
Gewerbebetriebe, zu öffentlichen Ämtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur 
Erlangung des Staatsbürgerrechtes und zum Genusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte 
unter denselben Voraussetzungen wie der Einheimische zuzulassen, auch in Betreff der 
Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln ist. 
Kein Deutscher darf in der Ausübung dieser Befugnis durch die Obrigkeit seiner 
Heimat, oder durch die Obrigkeit eines anderen Bundesstaates beschränkt werden. 
Diejenigen Bestimmungen, welche die Armenversorgung und die Aufnahme in den 
lokalen Gemeindeverband betreffen, werden durch den im ersten Absatz ausgespro- 
chenen Grundsatz nicht berührt. 
Ebenso bleiben bis auf weiteres die Verträge in Kraft, welche zwischen den einzelnen 
Bundesstaaten in Beziehung auf die Übernahme von Auszuweisenden, die Verpflegung 
erkrankter und die Beerdigung verstorbener Staatsangehörigen bestehen. 
Hinsichtlich der Erfüllung der Militärpflicht im Verhältnis zu dem Heimatslande wird 
im Wege der Reichsgesetzgebung das Nötige geordnet werden. 
Dem Auslande gegenüber haben alle Deutschen gleichmäßig Anspruch auf den Schutz 
des Reichs. 
Seite 153
	        
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