Die Gründung des norddeutschen Bundes. 163
als ein Bundesstaat darstellt, wo der wesentlichste
Theil der Bundesgewalt mit der Staatsgewalt des
mächtigsten Einzelstaates für alle Zeiten organisch
verbunden ist.
Bei der Neuheit und Fremdartigkeit dieser staatsrechtlichen
Konception war es natürlich, dass der Entwurf, unmittelbar nach
seiner Vorlage im Reichstage, mannigfach Befremdung und Wider-
spruch hervorrief. In den Berathungen fehlte es nicht an zahlreichen
Abänderungsvorschlägen, von denen nicht wenige den Zweck ver-
folgten, die scheinbar unzusammenhängenden Bestimmungen des
Entwurfes auf den hergebrachten Schulbegriff des Bundesstaates
zurückzuführen. Andere ignorirten die ganze Grundlage des Ent-
wurfes und wollten, entwederin partikularistischer Verblendung oder
doktrinärem Radikalismus, lieber das ganze Einheitswerk abermals
scheitern, als diesen Entwurfzum Gesetze werden lassen. Diesen
negativen Richtungen gegenüber herrschte im Reichstage eine
realpolitische Gesinnung vor, welche selbst auf hergebrachte Lieb-
lingsmeinungen und gewohnte Parteianschauungen verzichtete, um
endlich die heissersehnte nationale Einigung, in der allein jetzt mög-
lichen dargebotenen Form, zum Abschluss zu bringen. Die Mehr-
heit hielt daher an dem Grundgedanken des Entwurfes fest, lehnte
alle damit unvereinbaren Abänderungsvorschläge ab, nahm aber
eine Reihe von Abänderungen an, welche eine wesentliche Ver-
besserung des Entwurfes enthielten. Vor allem wehrte sich der
Reichstag gegen die beabsichtigte Verkümmerung seines Budget-
rechts durch den Entwurf, welcher die wichtigsten und umfassend-
sten Theile des Budgets, den ganzen Militär- und Marineetat, für
alle Zeiten dem konstitutionellen Einflusse der Volksvertretung.
durch Festsetzung einer eisernen Pauschsumme, entziehen wollte.
Man einigte sich endlich dahin, dass man die Pauschsumme für die
kurze Lebergangsperiode der Neuorganisation (bis zum 31. December
1871; annahm, nach Ablauf derselben die Volksvertretung aber in
das ihr gebührende Budgetrecht einsetzte, ohne deshalb auf die
Garantien der Erhaltung der gegebenen Heereseinrichtungen zu
verzichten. Am 16. April 1867 hatte der Reichstag die Berathung
des Regierungsentwurfes zu Ende geführt und ihn in der Gestalt,
wie er aus dieser Berathung hervorgegangen war, mit 230 gegen
53 Stimmen angenommen. An demselben Tage traten die Bevoll-
mächtigten der verbündeten Regierungen zu einer Sitzung zusam-
men und beschlossen einstimmig: »den Verfassungsentwurf, wie er
aus der Schlussberathung des Reichstages hervorgegangen ist, an-
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