Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

t0 Einleitung. 
hende untergeordnete Gesetzgebung, »jus statuendi«. Die Gesetz- 
gebung ist staatlicher, die Autonomie korporativer Natur. 
Aber nur die Autonomie solcher Verbände ist für das Staatsrecht 
von Bedeutung, welche einen öffentlich-rechtlichen Cha- 
rakter haben. Dahin gehören die Stadt- und Landgemeinden, die 
Kreisverbände, auch Landschaften und Provinzen, soweit sie korpo- 
rativ organisirt sind. Diese Autonomie ist auch in den neuesten 
Gemeinde-, Kreis- und Provinzialordnungen anerkannt, nur mit 
dder Beschränkung, dass sie sich innerhalb des Rahmens der staat- 
lichen Gesetzgebung zu bewegen hat und dass ihre Produkte regel- 
mässig noch der Bestätigung der Regierung bedürfen. Innerhalb 
dieser Schranken erzeugt sie noch wirkliche Rechtssätze, welchen 
sich der Einzelne, als einer obrigkeitlichen Anordnung, zu unter- 
werfen hat. Auch durch die jetzt fast überall angeordnete Noth- 
wendigkeit der Bestätigung von Seiten der Regierung wird der 
autonome Charakter des Statuts nicht aufgehoben. Die Gemeinde, 
nicht der Staat, ist das schöpferische Organ des Statutarrechtes. 
Für das Staatsrecht der deutsch-monarchischen Staaten von 
besonderer Bedeutung ist die Autonomie der regierenden Familien. 
Seit dem XIV. Jahrhundert begannen die landesherrlichen Familien 
ihr Erb- und Familienrecht auf dem Wege der Autonomie, abwei- 
chend vom Landrechte, statutarisch zu ordnen. Die so ın ziemlich 
übereinstimmender Weise unter verschiedenen Namen zu Stande 
gebrachten Erzeugnisse der fürstlichen Autonomie enthielten zu- 
gleich wichtige Bestimmungen staatsrechtlicher Natur, z. B. über 
die Succession in Land und Leute, Ausschluss der Landesthei- 
lungen, Anordnung gemeinsamer Regierungen, Einführung des 
Rechtes der Erstgeburt, über die Regentschaft, die Ebenbürtigkeit 
der Ehen ım fürstlichen Hause u. s. w. Diese sog. Hausge- 
setze bildeten unzweifelhaft einen wichtigen Bestandtheil der 
Landesverfassung der 'lerritorien; ihre fortdauernde Gültigkeit 
ist anerkannt, nachdem die deutschen Territorien sich in konstitu- 
tionelle Verfassungsstaaten verwandelt haben, soweit die Bestim- 
mungen der lHausgesetze nicht mit den Sätzen der Verfassungsur- 
kunde in Widerspruch stehen (A. 53 der preussischen Verfassung). 
Anders liegt aber die Sache für den Erlass neuer Hausgesetze. 
Die Autonomie der regierenden Familie ist jetzt beschränkt auf die 
reininnern Angelegenheiten der Familie; dagegen können alle 
Anordnungen, wodurch die Staatsverfassung berührt oder überhaupt 
Staatsgesetze abgeändert werden, nur auf dem Wege der Gesetz-
	        
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