3. Von der Verschiedenheit der Staaten nach ihrer Verfassungsform. 33
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1) Die Demokratie. (Einl. S. 187.)
Auch in der Demokratie ist nicht das zufällige Aggregat der
Einzelnen, noch weniger das Individuum, sondern das Volk in sei-
ner verfassungsmässigen Gliederung "Träger der Staatsgewalt. Auch
in der Demokratie, wie in jeder Staatsform, sind die einzelnen Indi-
viduen, als solche, Unterthanen der Staatsgewalt; aber das
Eigenthümliche der Demokratie besteht darin, dass dieselben
Einzelnen in ihrer verfassungsmässigen Einheit, als Kollektiv-
begriff gedacht, auch die Träger der Staatsgewalt bilden. Die
antike Demokratie ist von der modernen darın verschieden, dass
jene durchgängig eine unmittelbare war, diese regelmässig eine
repräsentative ist. Im Alterthume übte das ganze Volk in sei-
ner Versammlung, &x#Anoia, die obersten Rechte der Staatsgewalt
selbst aus. In den modernen Staaten, welche nicht mehr auf der
Grundlage einer rechtlosen Sklavenbevölkerung beruhen, kommt
die unmittelbare Demokratie nur unter den einfachsten Ver-
hältnissen, bei kleinen Hirten- und Bauernvölkerschaften, wie in
den Bergkantonen der Schweiz noch vor. Sonst hat überall, auch
in der Schweiz, «die Demokratie einen repräsentativen Charakter
angenommen, d.h. das Volk übt nicht mehr in seiner Gesammtbheit.
in seiner Urversammlung die höchsten Rechte der Staatsgewalt aus,
sondern wählt nur Repräsentanten, welche an seiner Statt diese
Rechte ausüben. Dadurch hat die demokratische Staatsform die
Möglichkeit gewonnen, auch grössere Völker und Gebiete zu um-
spannen. Die grossartigste Entwickelung der repräsentativen Demo-
kratie bieten die Vereinigten Staaten von Nordamerika.
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2) Die Aristokratie. (Einl. S. 189.)
Das Wesen der Aristokratie besteht darın, dass hier ein be-
stimmter bevorzugter Stand die Ilerrschaft aus eigenem Rechte aus-
übt. Darin ist die arıstokratische Form der demokratischen ver-
wandt, dass auch hier dieselben Personen, als Mitglieder der
regierenden Körperschaft, Theilhaber an der Staatsgewalt, als
einzelne Individuen dagegen Unterthanen der Staatsgewalt sind;
sie unterscheidet sich aber dadurch von der demokratischen Staats-
form, dass in der Deinokratie das Volk unter gleichmässiger Bethei-
ligung aller Stände und Klassen zur Ilerrschaft berufen ist, in der
H. Schulze, Deutsches Staatsrecht. S