4. Von der Verbindung mehrerer Staaten zu einem Staatensysteme. 45
Hugo! bis auf Pütter?, haben in dieser Ueber- und Unterord-
nung zweier Staatsgewalten das charakteristische Wesen des deut-
schen Reiches erkannt, wenn sie auch dafür noch nicht die Be-
zeichnung » Staatenstaat « gebrauchen.
Unter das Genus des Staatenstaates fällt auch die Species des
Bundesstaates, wie dies von Laband richtig hervorgehoben
worden ist. Das Charakteristische, wodurch der Bundesstaat sich
von den übrigen Gestaltungen des Staatenstaates unterscheidet, be-
steht in folgenden Momenten, welche theils die Entstehung,
theils das Wesen des Bundesstaates betreffen:
1) Während der mittelalterige Staatenstaat, auf dem Wege der
allmäligen Zerbröckelung eines Einheitsstaates entstanden, ein vaus
den Fugen gegangener monarchischer Feudalstaat« ist, wo ehe-
malige Verwaltungsbezirke den Charakter von Staaten angenommen
haben, verdankt der Bundesstaat seinen Ursprung einem völker-
rechtlichen Vertrage bis dahin selbständiger Staaten, welche
sich einer neu zu konstituirenden staatlichen Obergewalt unter-
ordnen, ohne deshalb ihre staatliche Individualität aufzugeben.
Schon der Name »Bundesstaat« weist auf diese völkerrecht-
liche Entstehungsart durch ein Bündniss hin. Darin gleicht er
deınStaatenbunde. NuristdasBResultat der vertragsmässigen
Entstehung ein verschiedenes. Beim Staatenbunde erzeugt der Ver-
trag ein bleibendes völkerrechtliches Verhältniss, beim Bundesstaate
ist der Vertrag auf die Herstellung eines staatsrechtlichen Verhält-
nisses, die Konstituirung einer staatlichen Obergewalt, gerichtet.
Sobald der Vertrag erfüllt ist, verwandelt sich das völkerrechtliche
Vertragsverhältniss ın ein staatsrechtliches Verfassungsverhältniss.
2) Der Bundesstaat ist nicht blos ein Band der Staaten, sondern
des ganzen Volkes, aller Staatsgenossen. Er ist nicht blos, wie
Laband ausführt, ein aus Staaten zusammengesetzter Staat, »eine
Korporation, welche lediglich wieder aus Korporationen besteht«,
sondern zugleich ein wahres Nationalband, welches sich um alle
Staatsgenossen schlingt, sie zu unmittelbaren Gliedern des Ge-
sammtstaates macht, sie ın ein unmittelbares Verhältniss der Treue
! De statu regionum $1 »Duplici regimine imperium nostrum administrari
animadvertimus. Nam et communi aliqua republica imperium universum regi-
tur et singulae regiones, ex quibus componitur, proprios quosdam principes vel
magistratus, judicia et consilia atque adeo peculiarem quandam superiori illi
subjectam rempublicam habent.«
2 „Von der Regierungsform des deutschen Reiches«, in den Beiträgen zum
deutschen Staats- und Fürxstenrechte 1777. B. I, besonders Beitrag II.