Full text: Das Völkerrecht.

162 II. Buch. Der völkerrechtliche Verkehr der Staaten im allgemeinen. 
liche Pflicht des Aufenthaltsstaates; aber sie ist eine Rechtspflicht, 
die der Staat nicht dem staatsfremden Einzelnen, sondern dem 
Staate schuldet, dem dieser angehört. Wird dem Staatsfremden 
dieser Schutz durch den Aufenthaltsstaat versagt (bei Justiz- 
verweigerung usw.), so hat daher der Staat, dem jener angehört, 
das Recht, das verletzte oder gefährdete Interesse seines Staats- 
angehörigen dem Aufenthaltsstaat gegenüber zu vertreten (oben 
811 II). 
c) Dasselbe gilt von den Rechtsverhältnissen der Landes- 
herren. Familienverträge (Erbverbrüderungen usw.) sind keine 
Staatsverträge. 
2. Aber aueh Rechtsverhältnisse, als deren Träger auf seiten 
des Berechtigten wie des Verpflichteten ein Staat erscheint, sind nur 
dann völkerreehtliche Rechtsverhältnisse, wenn der Inhalt dieser Be- 
rechtigungen und Verpflichtungen die Ausübung von Hoheitsrechten 
ausmacht, also von solchen Rechten, die Ausfluß der Staatsgewalt sind. 
Nur soweit die Staatsgewalt selbst als die Herrschaft über Menschen, 
als Befehls- und Zwangsgewalt, gebunden oder berechtigt wird, kann 
von einem völkerrechtlichen Verhältnis die Rede sein.? 
Wenn mithin Frankreich gegen Bezahlung einer bestimniten 
Summe Geldes von denn Deutschen Reich ein Grundstück zu 
Eigentum erwirbt, um auf diesem etwa ein Gebäude zu wissen- 
schaftlichen Zwecken zu errichten, oder wenn das Deutsche Reich 
in England ein Kohlenbergwerk von der englischen Regierung 
kauft, so sind die dadurch erzeugten Rechtsverhältnisse nicht nach 
Völkerrecht, sondern nach Privatrecht zu beurteilen. Der Staat 
tritt hier als Fiskus, d. h. als lediglich vermögensrechtliches 
Rechtssubjekt auf, nicht als Subjekt des öffentlichen Rechtes. Das- 
selbe gilt, wenn ein Staat etwa dem andern ein Gelddarlehn 
gewährt, oder die Bürgschaft für ein von einem andern Staat 
aufgenommenes Darlehn übernimmt. Daß in all diesen Fällen der 
verpflichtete Staat nur vor seinen eigenen Gerichten Recht zu 
geben hat (oben $ 7 III 1), kann an der juristischen Eigenart der 
  
1) Ebenso Challandes, L. A. XVI1 575; abweichend z. B. Stoerk.
	        
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