Full text: Das Völkerrecht.

819. Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse in: allgemeinen. 163 
in Frage stehenden Rechtsverhältnisse nichts ändern. Verletzung 
der vom Staat als Fiskus übernommenen Verpflichtungen ist mit- 
hin niemals an sich völkerrechtliches Delikt, kann aber dem Staat, 
dem die Gläubiger als Staatebürger angehören, den Anlaß geben, 
kraft seines Schutzrechtes (oben $ 11 III) einzuschreiten, 
Daraus ergibt sich aber auch abermals (oben $ 8 III 3), 
daß der Begriff der sogenannten völkerrechtlichen Servituten 
unhaltbar ist. Denn wenn es sich wirklich nur um die Ein- 
räumung eines dinglichen Rechtes an fremder Sache handelt, so 
liegt ein völkerrechtliches Rechtsverhältnis überhaupt nicht vor. 
Hat aber ein Staat dem andern die Ausübung von Hoheitsrechten 
auf seinem Gebiet gestattet oder sich in der Ausübung seiner 
Staatsgewalt vertragsmäßig beschränkt, so ist von einem dinglichen 
Recht an fremder Sache nicht mehr die Rede. Entweder Ein- 
schränkung des dominiums: dann entfällt die Anwendung des 
Völkerrechts; oder aber Einschränkung des imperiums: dann ent- 
fällt der Begriff der Servitut. 
Von diesem Standpunkt aus kann auch die Beurteilung der- 
jenigen Staatenverträge keine Schwierigkeiten bieten, welche die 
über Hoheitsrechte getroffenen Vereinbarungen hinter dem Schein 
eines privatrechtlichen Rechtsgeschäftes verbergen. Der gewollte 
Inhalt des Geschäftes, nicht die zu seiner Verdeckung gewählte 
Einkleidung, ist maßgebend. Das Rechtsgeschäft, durch welches 
Schweden im Jahre 1877 die Insel St. Barthölemy gegen Zahlung 
einer Summe Geldes an Frankreich abgetreten hat, ist kein „Kauf“ 
im Sinne des Privatrechts, sondern völkerrechtliche Gebietsüber- 
tragung. Dasselbe gilt von dem Vertrage vom 12. Februar (30.3 uni) 
1899, durch welchen Spanien die Karolinen, die Palauinseln sowie 
die noch unter seiner Herrschaft stehenden Marianen gegen Zahlung 
von 25 Millionen Pesetas an das Deutsche Reich „verkaufte“. Der 
Vertrag, den China mit dem Deutschen Reich am 6. März 1898 
über die Abtretung der Kiautschoubucht geschlossen hat, ist völker- 
rechtlicher Natur. China hat die Ausübung der Hoheitsrechte an 
das Deutsche Reich abgetreten. Daß die Form eines auf 99 Jahre 
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