8 19. Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse im allgemeinen. 165
oder erkennbare Wille der Vertragschließenden gelassen hat, ist unten
in den 88 20 bis 22 auf sie eingegangen.
Nur auf drei bereits besprochene Einteilungen sei an dieser
Stelle wiederholt aufmerksam gemacht.
a) Man unterscheidet Rechte und Pflichten, die sich unmittel-
bar als völkerrechtliche „Grundrechte“ aus dem Grundgedanken
des Völkerrechts, also aus dem Nebeneinanderbestehen gleich-
berechtigter Staaten ergeben, von denjenigen Rechten und Pflichten,
die erst aus besonderen, sei es ausdrücklichen, sei es stillschweigen-
den Vereinbarungen entstehen, die daher als „konventionelles
Völkerrecht“ bezeichnet werden können. Von jenen ist bereits
oben, insbesondere in $ 7, die Rede gewesen; diese werden im
III. Buche besprochen. Die Grenzlinie ist aber fließend; die Ent-
wicklung des Völkerrechts besteht gerade darin, daß vielfach das,
was heute noch besonderer Vereinbarung bedarf, demnächst auch
ohne solche als aus dem Grundgedanken des Völkerrechts folgend
anerkannt wird.
b) Man unterscheidet Rechte und Pflichten, die nur einem
Staat oder mehreren Staaten gegenüber bestehen, von denjenigen
Rechten und Pflichten, die der Staat jedem andern Mitglied der
Völkerrechtsgemeinschaft gegenüber hat. Man kann jene als rela-
tive, diese als absolute bezeichnen. So hat jeder Staat der Völker-
rechtsgemeinschaft die Pflicht, die belgische Neutralität zu achten
und jeder Staat ist berechtigt, die Durchführung der Handelsfrei-
heit von deın Kongostaat zu verlangen. Verträge aber, die zwischen
einzelnen Staaten abgeschlossen werden, begründen im allgemeinen
(unten $ 21 III) Rechte und Pflichten nur zwischen den vertrag-
schließenden Teilen.
c) Rechte und Pflichten können auf einem bestimmten Staats-
gebiet lokalisiert sein, so daß sie bei einem Übergang dieses Ge-
bietes an einen andern Staat auf den neuen Erwerber übergehen
(oben $ 8 III 3, S. 75), aber diese Lokalisierung ist eine seltene und
daher im einzelnen Falle besonders nachzuweisende Erscheinung;
in der Regel der Fälle bleiben Gebietsveränderungen ohne Einfluß