820. Die rechtserheblichen Tatsachen. 169
beglaubigten Vertreter des Staates A an den Minister des Aus-
wärtigen des Staates B abgegeben werden.
2. Jede Willenserklärung kann ausdrücklich oder durch kon-
kludente Handlungen oder aber auch stillschweigend erfolgen. Dies
gilt auch von der Kriegserklärung (unten 839 V 1).
3. Das Stillschweigen eines Staates steht aber nur dann der
ausdrücklichen Anerkennung der geänderten Rechtslage gleich, wenn
der stillsechweigende Staat von dieser Änderung amtlich Kenntnis und
damit die Gelegenheit erhalten hat, seinen Widerspruch geltend zu
machen.
Diese amtliche Mitteilung oder Notifikation, welche die
Kongoakte vom 26. Februar 1885 für Erwerbungen an den Küsten
von Afrika ausdrücklich vorgeschrieben hat (oben $ 10 III 2), erfolgt
in den Formen der empfangsbedürftigen Willenserklärung (oben 1 d).
Sie erlangt Rechtswirksamkeit, sobald sie zur Kenntnis des Staates,
an den sie gerichtet wird, gelangt ist, und es macht dabei keinen
Unterschied, ob dieser die Mitteilung einfach zur Kenntnis nimmt
(prendre act), oder ob er ihren Empfang ausdrücklich bescheinigt
(accuser reception). Sie ist dagegen im allgemeinen wirkungslos,
wenn ihre Annahme verweigert wird.
Die eingetretene oder bevorstehende Änderung der Rechtslage
ist denjenigen Staaten zu notifizieren, deren Rechte durch die
Änderung berührt werden. Zur Wahrung der Rechte genügt die
Erhebung des Widerspruchs (Protest). Das Stillschweigen bedeutet
Verzicht auf diejenigen Rechte, welche mit der Änderung der
Rechtslage im Widerspruch stehen. Hat also der Staat B die Mit-
teilung des Staates A, daß er das Gebiet x für sich erworben hat,
zur Kenntnis genommen, ohne dagegen Widerspruch zu erheben,
so liegt in diesem Stillschweigen der Verzicht des Staates B auf
alle Ansprüche, die er etwa selbst auf den Erwerb des Gebietes x
hat oder zu haben vermeint. Teilt der Staat A den übrigen Mächten
mit, daß er über den Staat B eine Schutzherrschaft begründet hat,
so bedeutet das Stillschweigen der Mächte den Verzicht auf alle
diejenigen Rechte, die sie durch die mit der übernommenen Schutz-