821. Die völkerrechtlichen Verträge. 173
Die von den Bevollmächtigten der miteinander verhandelnden
Staaten getroffenen, zu Protokoll gebrachten und unterzeichneten
Vereinbarungen sind also nur Vertragsentwurf; sie erlangen völker-
rechtlich verbindliche Kraft erst durch den Formalakt der Ge-
nehmigung oder Ratifikation des Staatshauptes. Es soll damit
die sorgfältige Überprüfung der getroffenen Abmachungen erleichtert
und gesichert werden. Versagung der Genehmigung ist daher
weder rechtswidrige, noch auch nur „unfreundliche* Handlung.
Es ist unrichtig, den Vertrag schon mit der Unterschrift
durch die Bevollmächtigten als suspensiv bedingt wirksam anzu-
sehen; denn mit der erfolgten Genehmigung wird nur die Datie-
rung, nicht aber die Wirksamkeit des Vertrages nach dem Tag der
Unterzeichnung, berechnet.
Gleichzeitig mit dem Vertrag, und ohne daß es einer be-
sonderen Ratifikation bedarf, treten die Vereinbarungen in Wirk-
samkeit, die sich in den dem Vertrage angehängten „Protokollen“
befinden und die Auslegung einzelner Vertragsbestimmungen oder
Zusätze zu diesen enthalten.
Soweit die solenne Vertragsform der Ratifikation nicht er-
forderlich ist, erfolgt der bindende Abschluß mit der Unterzeichnung
der Vereinbarung durch die Bevollmächtigten oder mit der form-
losen Genehmigung durch deren Regierungen.*
2. Meist kommt der Vertragsabsehluß durch den gegenseitigen
Austausch der Ratifikationsurkunden zustande.
Es kann aber auch bei allgemeinen Verträgen vereinbart
werden, daß die einseitige Erteilung der Genehmigung den ge-
nehmigenden Staat bindet. So verfügt Art. 38 Abs. 2 der Kongo-
akte vom 8. November 1884 (R.G.Bl. 1885 S. 211): Die gegen-
3) Dagegen die früher vielfach, auch noch von Rivier Principes
U 75, vertretene Ansicht.
4) So bei Verträgen betr. den grenzüberspringenden Fabrikverkehr,
betr. die gegenseitige Behandlung von Handlungsreisenden usw. Beispiele
in R.G.Bl. 1900 8. 781, 1903 S. 47.