174 11. Buch. Der völkerrechtliche Verkehr der Staaten im allgemeinen.
wärtige Akte „tritt für jede Macht von dem Tage ab in Kraft, an
welchem letztere die Ratifikation vollzogen hat“.
Verschieden von den Formen des Vertragsabschlusses sind
die Formen für seine Beurkundung. Der angeführte Art. 38
bestimmt weiter in Abs. 4 und 5: „Jede Macht wird ihre Rati-
fikation der Regierung des Deutschen Reichs zugehen lassen, durch
deren Vermittelung allen anderen Signatarmächten der gegen-
wärtigen Generalakte davon Kenntnis gegeben werden wird. —
Die Ratifikationen aller Mächte bleiben in den Archiven der Regie-
rung des Deutschen Reichs aufbewahrt. Wenn alle Ratifikationen
beigebracht sind, so wird über den Hinterlegungsakt ein Protokoll
errichtet, welches von den Vertretern aller Mächte, die an der
Berliner Konferenz theilgenommen haben, unterzeichnet und wovon
eine beglaubigte Abschrift allen diesen Mächten mitgetheilt wird.“
3. Mit der Ratifikation ist der Vertrag völkerreehtlich verbind-
lieh. Verfassungsrechtliche Bestimmungen, durch welehe die Zustim-
mung der gesetzgebenden Faktoren gefordert wird, kommen völker-
rechtlich nur soweit in Betracht, als sie Einschränkungen der völker-
rechtlichen Vertretungsbefugnis enthalten. Ist dies der Fall, so ist
zur Verbindlichkeit des Vertrages auch in völkerrechtlicher Beziehung
jene Zustimmung erforderlich.
Bezüglich dieser vielumstrittenen Frage sind folgende Ge-
sichtspunkte festzuhalten. Staatsrechtliche Beschränkungen der
völkerrechtlichen Vertretungsbefugnis sind auch völkerrechtlich von
entscheidender Bedeutung (oben 8 13 I 2). Der Abschluß der
Staatsverträge kann daher nur durch dasjenige Organ erfolgen, dem
die Vertretungsbefugnis nach dem innern Staatsrecht des Staates
zukommt. So hat der Deutsche Kaiser die völkerrechtliche Ver-
tretungsbefugnis (nach Art. 11 der Reichsverfassung), und ebenso
der Präsident der Französischen Republik; für die Schweiz dagegen
nicht der Präsident, sondern die Bundesversammlung. Wenn das
Staatsrecht die Ausübung der Vertretungsbefugnis des Staatshauptes
an die Zustimmung der gesetzgebenden Faktoren bindet, so ist die
ohne diese Zustimmung vorgenommene Willenserklärung des Staats-