821. Die völkerrechtlichen Verträge. 175
hauptes völkerrechtlich ohne Rechtswirksamkeit; denn nach der
Staatsverfassung bestimmen sich die zum Zustandekommen des
Staatswillens erforderlichen Voraussetzungen, sie ist die Organi-
sierung der Staatsgewalt auch in allen Beziehungen des Staates
zu anderen Staaten. Wenn dagegen die Zustimmung der gesetz-
gebenden Faktoren nicht für die Ausübung der völkerrechtlichen
Vertretungsbefugnis durch das Staatshaupt, sondern lediglich für
die staatsrechtliche Verbindlichkeit der geschlossenen Verträge
durch die Verfassung vorgezeichnet ist, so kann auch der Mangel
dieser Zustimmung nur staatsrechtliche, nicht aber völkerrechtliche
Wirkungen erzeugen. Abschluß des Vertrages durch das Staats-
haupt, während die Zustimmung der verfassungsmäßigen Organe
ausfällt, bindet daher in diesem Falle den Staat seinem Vertrags-
gegner gegenüber, bindet aber nicht die Staatsuntertanen dem Staate
gegenüber.
So sicher das so gewonnene Ergebnis auch sein mag, 80
schwierig ist die Entscheidung der Frage, welche Bedeutung den
durch die Staatsverfassung aufgestellten Beschränkungen in den
einzelnen Staaten zukommt. Das Staatsrecht Großbritanniens und
Belgiens kennt keine Beschränkung der Krone in der völkerrecht-
lichen Vertretungsbefugnis. In den Vereinigten Staaten Amerikas
bedarf der Präsident zum Abschluß der Verträge der Zustimmung
des Senats. Für das Deutsche Reich bestimmt Art. 11 Abs. 3 der
Verfassung: „Insoweit die Verträge mit fremden Staaten sich auf
solche Gegenstände beziehen, welche nach Artikel 4 in den Be-
reich der Reichsgesetzgebung gehören, ist zu ihrem Abschluß die
Zustimmung des Bundesrathes und zu ihrer Gültigkeit die Ge-
nehmigung des Reichstages erforderlich.“ Nach der überwiegenden
Ansicht wird durch diese Bestimmung die völkerrechtliche Ver-
tretungsbefugnis des Kaisers in keiner Weise berührt; sie hat
lediglich staatsrechtliche Bedeutung. Dasselbe gilt von Art. 48
der preußischen Verfassung, nach welchem „Verträge mit fremden
Regierungen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Kammern
bedürfen, sofern es Handelsverträge sind, oder wenn dadurch dem