81. Begriff und Einteilung des Völkerrechts. 5
sicherte. Die von 1894 bis 1896 (am 4. April 1896 mit dem
Deutschen Reich) geschlossenen Verträge sicherten Japan, das seine
Gesetzgebung, wie seine Rechtspflege nach bestem europäischen
Muster umgestaltet hatte, den Wegfall der konsularischen Gerichts-
barkeit, den Vertragsmächten aber die volle Erschließung des Landes.
Am 17. Juli bezw. am 4. August 1899 sind die Verträge in Kraft
getreten. Damit hat sich Japans Eintritt in die Völkerrechtsgemein-
schaft vollzogen.!
2. Die halbzivilisierten Staaten gehören der Völkerrechtegemein-
sehaft nur in denjenigen Beziehungen an, die dureh Verträge mit den
Kulturstaaten geregelt sind. Ihnen gegenüber gilt das Völkerrecht
mithin nur als Vertragsrecht und nur soweit als der Vertrag reicht.
Kennzeichen dieser Staatengruppe ist die nur teilweise Erschließung
des Landes,
Durch den Vertragsschluß werden beide Vertragsteile völker-
rechtlich gebunden. Sie haben die übernommenen Verpflichtungen,
den Regeln des Völkerrechts gemäß, zu erfüllen; sie müssen, wenn
sie den Vertrag verletzen, die Unrechtsfolgen über sich ergehen
lassen. Der halbzivilisierte Staat, der Gesandtschaften bei den
Kulturstaaten unterhält und bei sich empfängt, erwirbt den An-
spruch auf die völkerrechtlich anerkannte Unverletzlichkeit seiner
Gesandten und ist gehalten, die der fremden Gesandten zu achten;
und die Reaktion gegen die Verletzung dieses völkerrechtlichen
Grundsatzes vollzieht sich nach den Normen des Völkerrechts.
Unter den Staaten dieser Gruppe sind Siam, China, Persien
an erster Stelle zu nennen; aber auch eine Reihe anderer Staaten
1) Yorikadzu v. Matsudeira, Die völkerrechtlichen Verträge des
Kaisertums Japan in wirtschaftlicher, politischer und rechtlicher Bedeutung.
1890. Nagao Ariga, La guerre sino-japonaise au point de vue du droit
international. 1896. Takahashi, Cases on international law during the
Chino-Japanese war. 1899. Derselbe, R. J. XXXIII 138. Lehr, R.)J.
XXVII 97. R.G.1562, II 614, V 284. Siebold, Der Eintritt Japans in
das europäische Völkerrecht. 1900. — R.G.Bl. 1899 S. 364 (Bekanntmachung
vom 7. Juli 1899 betr. das Inkrafttreten der deutsch -japanischen Verträge
vom 4. April 1896 und der Nachtragskonvention vom 26. Dezember 1898
[R.G.Bl. 1899 8. 137]). — Die Verträge von 1896 sind im Anhang abgedruckt.