176 II. Buch. Der völkerrechtliche Verkehr der Staaten im allgemeinen.
Staate Lasten oder einzelnen Staatsbürgern Verpflichtungen auf-
erlegt werden“.
Ganz eigenartig und aus der besonderen Sachlage zu er-
klären ist Art. 18 des Frankfurter Friedensvertrages vom 10. Mai
1871 (R.G.Bl. S. 223). Er bestimmt: „Die Ratifikationen des
gegenwärtigen Vertrages durch Seine Majestät den Deutschen
Kaiser einerseits und andererseits durch die Nationalversamm-
lung und durch das Oberhaupt der vollziehenden Gewalt der
Französischen Republik werden in Frankfurt binnen zehn Tagen
oder wo möglich früher ausgetauscht werden.“ Undin dem Protokoll
vom 20. Mai 1871 über den Austausch der Ratifikationen ist die
Vorlegung einer in gehöriger Forın erfolgten Ausfertigung des am
18. Mai von der Nationalversammlung angenommenen, den Friedens-
vertrag ratifizierenden Gesetzes ausdrücklich erwähnt.
ID. Die Wirkung der Staatsverträge.
Der Staatsvertrag berechtigt und verpfliehtet die vertrag-
schließenden Teile.
Er bindet, von besonderen Vereinbarungen abgesehen, den
Staat mit seinem (Gesamtgebiet. Doch wird in den Kollektiv-
verträgen mehrfach eine besondere Erklärung über den Beitritt mit
den einzelnen Kolonien oder anderen überseeischen Besitzungen
der Vertragschließenden besonders vorgesehen (so auch in der
Berner Literaturkonvention vom 9. September 1886); und die eng-
lischen Kolonien erfreuen sich in handelspolitischer Beziehung einer
weitgehenden Selbständigkeit (Kanada seit 1898).
1. Der Vertrag bereehtigt und bindet mithin nieht dritte Staaten.
Jedoch kann diesen der Beitritt (die Accession oder Adhäsion) offen-
gehalten werden (conventions ouvertes).
Beispiele: Art. 37 der Kougoakte: „Die die gegenwärtige
Generalakte nichtunterzeichnenden Mächte können ihren Bestim-
5) Derselben Ansicht sind von den Vertretern des deutschen und
preußischen Staatsrechts: Gneist, Laband, Arndt, G.Meyer, Anschütz;
dagegen E. Meier, Gierke, Zorn. Vergl. Heilborn 144, Triepel (oben
82 Note 1) 236, Ullmann 157, Laband Il 122.