823. Rechtsnachfolge bei Gebietsveränderungen. 185
chischen Anleihen von 1883 und 1898 haben Rußland, Frankreich
und Großbritannien die Garantie übernommen (Vereinbarung vom
29. März 1889).
$ 23. Rechtsnachfolge in völkerrechtliche Rechts-
verhältnisse bei Gebietsveränderungen. !
IL. Reehtsnachfolge in völkerrechtlichem Bechtsverkältnis als Folge
von Gebietsveränderungen ist nur denkbar bei abgeleitetem, ist da-
gegen ausgeschlossen bei ursprünglichem Erwerb.
Wenn ein Staat durch Eroberung (oben $ 10 I 2) zum Gebiets-
teile des siegreichen Staates wird, so ist er als völkerrechtliches
Rechtssubjekt untergegangen. Alle Rechtsverhältnisse, in denen er
zu anderen Staaten gestanden hat, so auch alle mit anderen Staaten
geschlossenen völkerrechtlichen Verträge sind erloschen. Sache der
in ihrem erworbenen Rechte bedrohten dritten Staaten ist es, gegen
die Eroberung Einspruch zu erheben und so ihre Interessen zu
wahren; ihr Stillschweigen gilt als Verzicht (oben $ 20 II 3). Sollte
Belgien von Frankreich erobert werden, so wären damit alle von
Belgien geschlossenen Verträge zerrissen; insbesondere wären auch
die auf die Neutralität Belgiens bezüglichen Verpflichtungen der
Garantiemächte beseitigt.
Umgekehrt aber erstrecken sich mit dem Augenblick der Er-
werbung die völkerrechtlichen Beziehungen des erwerbenden Staates
auch auf das neu erworbene Gebiet. Während bei einer Eroberung
Belgiens durch Frankreich die belgischen Verträge vernichtet werden,
1) Lariviöre, Des consäquences des transformations territoriales
des Etats sur les traitös antörieurs. 1892. Appleton, Des effets de
V’annexion sur les dettes de l’Etat demembr& ou annexe. 1895. Kiatibian,
Consöquences juridiques des transformations territoriales des Etats sur les
traites. 1892. Huber, Die Staatensuccession (völkerrechtliche und staats-
rechtliche Praxis im 19. Jahrhundert). 1898. Mallarme, R.G. X 282.
v. Rogister, Zur Lehre von der Staatennachfolge: Giebt es stillschweigen-
den Eintritt in Staatenverträge? Erlanger Diss. 1902. Gidel, Des effets
de l’annexion sur les concessions. 1904.