216 II. Buch. Regelung und Verwaltung gemeinsamer Interessen.
von 1856 in sich schließen würde (unten $ 41 II); wohl aber die
von einer aufständischen Partei, so lange sie noch nicht als krieg-
führende Macht anerkannt ist, ausgerüsteten Kaperschiffe, sobald
sie einen Gewaltakt begehen.?
Der völkerrechtliche Begriff des Seeraubes deckt sich nicht
mit dem strafrechtlichen Begriffe des Raubes auf offener See. Er
ist wesentlich weiter als dieser. Jede Gewalttat auf offener See
ist Seeraub im Sinne des Völkerrechts. Also auch die Tötung oder
Verwundung von Menschen, selbst wenn dabei keine Wegnahme
fremden Eigentums erfolgt; auch die Beschädigung oder Zerstörung
von fremdem Eigentum, selbst wenn eine Aneignung desselben nicht
vorausgegangen ist; auch Freiheitsberaubung oder Notzucht usw.
Es bedarf daher nicht des verschwommenen Begriffes der Quasi-
piraterie, um die sämtlichen Fälle zu decken.
2. Der Seeräuber steht unter keines Staates Schutz. Er ist
mithin völkerrechtlieh vogelfrei; er kann ohne Verletzung des Staates,
dem die Besatzung ihrer Nationalität nach angehört, von den Kriegs-
schiffen jedes Staates aufgegriffen und nach dem Becht des aufgreifen-
den Staates zur Verantwortung gezogen werden.
Die geraubten Gegenstände sind nach einem, seit dem
18. Jahrhundert anerkannten Rechtssatz (pirata non mutat dominium)
dem Eigentümer zurückzugeben. Dies wird wohl auch noch in
den Verträgen ausdrücklich ausgesprochen. Vergl. den deutschen
Freundschafts- usw. Vertrag mit Nicaragua vom 4. Februar 1896
(R.G.Bl. 1897 S. 171) Art. 19: „Schiffe, Waaren und andere den
betreffenden Staatsangehörigen eigenthümliche Gegenstände, welche
innerhalb der Gerichtsbarkeit des einen der beiden vertragenden
Theile oder auf hoher See von Piraten geraubt und nach den
Häfen, Flüssen, Rheden oder Buchten im Gebiete des anderen
9) Daher war das deutsche Kanonenboot „Panther“ berechtigt, die
den Aufständischen in Haiti gehörende „Cröte ä Pierrot*, die gegen den
deutschen Dampfer Markomannia Gewalt geübt hatte, in den Grund zu bohren.
Abweichend R.G.X 315 (der Verf. übersieht den Kernpunkt der Frage:
50 lange die Aufständischen nicht als kriegführende Partei anerkannt sind,
ist die von ihnen erklärte Blockade rechtsunwirksam).