$ 39. Der Krieg als völkerrechtliches Rechtsverhältnis. 323
der Revanche steht im Widerspruch zu dem innersten Wesen des
Friedensvertrages.?
4. Der Friedensvertrag enthält aber häufig noch weitere besondere
Vereinbarungen. Unter diesen sind zu erwähnen:
a) Die Vereinbarungen tiber Gebietsabtretungen.
Hier ist der Erwerb (anders als bei der Eroberung) ein ab-
geleiteter, und es finden mithin die oben $ 23 I bis IV auf-
gestellten Rechtsregeln Anwendung. Den Bewohnern der ab-
getretenen Gebiete kann das ÜÖptionsrecht zugestanden werden
(oben $10 I 2).
b) Die sogenannte Amnestieklausel, d. h. der Ausschluß der
Strafverfolgung der während des Krieges von den beider-
seltigen Staatsangehörigen begangenen politischen und mili-
tärisehen Delikte.
Die Amnestieklausel wird wichtig bei (Gebietsabtretungen,
während sie sich im übrigen von selbst versteht. Sie findet sich
bereits in den beiden Pariser Frieden von 1814 und 1815. Vergl.
Art. 2, Abs. 2 des Frankfurter Friedens: „Kein Bewohner der
abgetretenen Gebiete darf in seiner Person oder seinem Vermögen
wegen seiner politischen oder militairischen Handlungen während des
Krieges verfolgt, gestört oder zur Untersuchung gezogen werden.“
c) Die Vereinbarung eines Kriegsentschädigung, die der Besiegte
an den Sieger zu zahlen hat.
Zur Sicherung der Leistung kann diesem auch die völlige
oder teilweise militärische Besetzung des dem Besiegten ver-
bleibenden Gebietes als Territorialgarantie ($ 22 I) eingeräumt
werden. Vergl. den Frankfurter Frieden Art. 7.
d) Die Berichtigung der Grenzen oder der Vorbehalt einer ge-
naueren Bestimmung derselben.
e) Erwähnung verdient Art. 16 des Frankfurter Friedens vom
10. Mai 1871: „Beide Regierungen verpflichten sich
gegenseitig, die Gräber der auf ihren Gebieten beerdigten
Soldaten respektiren und unterhalten zu lassen.“
9) So schon Kant 1795.
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