330 IV.Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
seine Sendung zur Einziehung von Nachrichten zu benutzen. Er
ist berechtigt, bei Mißbrauch den Parlamentär zeitweilig zurück-
zuhalten. Der Parlamentär verliert sein Recht der Unverletzlich-
keit, wenn „der bestimmte, unwiderlegliche Beweis“ vorliegt, daß
er seine bevorrechtigte Stellung dazu benutzt hat, um Verrat zu
üben oder dazu anzustiften. Vergl. Art. 32 bis 34 des Abkommens
von 1899.
4. Spione werden nach Standrecht geriehtet, feindliche Kund-
sehafter wie die übrigen Angehörigen der Kriegsmacht nach Völker-
reeht behandelt.?
Zum Begriff des Spions im Gegensatz zum Kundschafter
gehört, daß er heimlich oder unter falschem Vorwande in dem
Öperationsgebiete eines Kriegführenden Nachrichten einzieht oder
einzuziehen versucht, um sie der Gegenpartei mitzuteilen.
Daher sind nicht als Spione zu betrachten: Militärpersonen,
die in Uniform in das Operationsgebiet des Gegners eingedrungen
sind, um sich Nachrichten zu verschaffen; Militärpersonen und
Nichtmilitärpersonen, die offen den ihnen erteilten Auftrag aus-
führen, Mitteilungen an ihr eigenes oder an das feindliche Heer
zu überbringen; Personen, die in Luftschiffen befördert werden,
um Nachrichten zu überbringen, oder um die Verbindung zwischen
den verschiedenen Teilen eines Heeres oder eines Gebietes aufrecht-
zuerhalten.
Der auf frischer Tat ergriffene Spion kann nach voran-
gegangenem gerichtlichen Verfahren bestraft werden. Der Spion,
der zu seinem Heere zurückgekehrt ist und später vom Feinde
gefangengenommen wird, ist als kriegsgefangen zu behandeln und
kann für die früher begangene Spionage nicht verantwortlich ge-
macht werden.
Vergl. Art. 29 bis 31 des Abkommens von 1899.
III. Im allgemeinen darf der Kriegführende alle Mittel anwenden,
deren Anwendung notwendig ist, um den Widerstand des Gegners
3) Vergl. G. Friedemann, Die Lage der Kriegskundschafter und
Kriegsspione. 1892,