Full text: Das Völkerrecht.

8 41. Fortsetzung. Der Seekrieg. 343 
Art. 35 des Abkommens von 1899 bestimmt in dieser Beziehung, 
daß Kapitulationen den Forderungen der militärischen Ehre Rech- 
nung tragen und, einmal abgeschlossen, von beiden Teilen ge- 
wissenhaft beobachtet werden sollen. 
2. Zu den Kriegsverträgen gehört auch die Vereinbarung 
einer vorübergehenden und nur für bestimmte Zwecke geschlossene 
Waffenruhe (suspension d’armes) oder eines für längere Zeit 
und für den ganzen Kriegsschauplatz oder dessen größeren Teil 
geschlossenen Waffenstillstandes (armistice; vergl. Art. 36 bis 
41 des Abkommens). Während des Waffenstillstandes ruhen alle 
militärischen Unternehmungen. Haben solche etwa, weil die Be- 
fehlshaber in Unkenntnis des Waffenstillstandes gelassen wurden, 
auf entfernteren Teilen des Kriegsschauplatzes stattgefunden (Be- 
setzung von Plätzen, Gefangennahme von Mannschaften usw.), 80 
sind sie wieder rückgängig zu machen. Trotz des Stillstandes der 
gegen den Gegner gerichteten kriegerischen Unternehmungen dauert 
aber der Kriegszustand fort. Jeder Teil ist daher, wenn nicht 
besondere Vereinbarungen im Wege stehen, zur Ausbildung und Ver- 
stärkung seiner eigenen Kriegsmacht (Aushebung und Einübung von 
Mannschaften, Ankauf von Waffen, Ausrüstung von Kriegsschiffen usw.) 
durchaus berechtigt. 
Bruch des Waffenstillstandes durch einen oder mehrere Einzelne 
verpflichtet nur zu einer Bestrafung des Schuldigen und Ent- 
schädigung des verletzten Gegners; Bruch durch den Befehlshaber 
selbst berechtigt den Gegner nicht nur zur Aufkündigung der 
Vereinbarung, sondern sogar zum sofortigen Wiederbeginn der 
Feindseligkeiten. 
3. Über den Friedensvertrag vergl. oben 8 39 VL 
$ 41. Fortsetzung. Der Seekrieg.! 
Die in den vorhergehenden Paragraphen aufgestellten Rechts- 
sätze gelten im allgemeinen auch für den Seekrieg. Daneben aber 
  
1) Rettich, Prisenrecht und Flußschiffahrt. 1892, Travers Twiß, 
R. J. XVI 113. Bulmerincg, R. J. XI 561, XII 187, XII 447, XIV 114.
	        
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