Full text: Das Völkerrecht.

360 IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung. 
englischen Truppen auf Grund eines älteren Vertrages die Landung 
in Baira und den Durchzug durch sein Gebiet gestattete. 
2. Unter keinen Umständen darf der neutrale Staat dulden, 
daß das von ihm beherrschte Land- und Wassergebilet zum Ausgangs- 
oder Stützpunkt für kriegerische Unternehmungen gemacht wird. 
a) Er ist daher verpflichtet, Streitkräfte der Kriegführenden, 
die auf sein Gebiet gedrängt werden (man erinnere sich an den 
Übertritt der französischen Ostarmee auf schweizerisches Gebiet 
am 1. Februar 1871), zu entwaffnen und während der Dauer des 
Krieges auf Kosten des Kriegfübrenden, dem sie angehören, zu 
internieren. Die zweite Konvention der Haager Konferenz von 
1899 hat sich auch mit dieser Frage befaßt (vergl. Art. 57 bis 60). 
Danach kann der neutrale Staat Offiziere der auf sein Gebiet über- 
getretenen Truppenteile freilassen, wenn sie auf Ehrenwort sich 
verpflichten, das neutrale Gebiet nicht ohne Erlaubnis zu über- 
schreiten. Die durch die Internierung entstandenen Kosten sind 
nach dem Friedensschluß zu ersetzen. Der neutrale Staat kann 
den Durchzug von Verwundeten oder Kranken der kriegführenden 
Heere durch sein Gebiet gestatten, vorausgesetzt, daß die zur Be- 
förderung benutzten Züge weder Kriegspersonal noch Kriegsmaterial 
mit sich führen. Die Verwundeten oder Kranken, die von einem 
der Kriegführenden auf das neutrale Gebiet gebracht werden, sind 
von dem neutralen Staate derart zu bewachen, daß sie nicht von 
neuem an den Kriegsunternehmungen teilnehmen können. Die 
Genfer Konvention gilt auch für die im neutralen Gebiet unter- 
gebrachten Kranken und Verwundeten. 
Analog ist zu verfahren, wenn Kriegsschiffe eines Krieg- 
führenden, vom Gegner verfolgt, in einem neutralen Hafen Zuflucht 
suchen (Desarmierung der russischen Kriegsschiffe im Hafen zu 
Tsingtau 1904). 
b) Der neutrale Staat darf nicht gestatten, daß auf seinem 
Staatslandgebiet Werbungen oder Rüstungen für einen der 
Kriegführenden vorgenommen werden; und wenn er auch nicht 
verpflichtet ist, geine Staatsangehörigen zu hindern, daß sie in
	        
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