Vertrag zwischen Preussen u. s. w. und der Türkei vom 30. März 1856. 379
Organisation dieser zukünftig unter die Kollectivgarantie der unterzeichnenden
Mächte gestellten Provinzen definitiv regeln.
Art.26. Man ist übereingekommen, dass es in den Fürstenthümern
eine bewaffnete Gewalt geben wird, zu dem Zwecke organisirt, die Sicher-
heit im Innern und nach Aussen hin aufrecht zu erhalten. Keine Beschrän-
kung wird den ausserordentlichen Vertheidigungsmaassregeln entgegengesetzt
werden können, die sie, in Uebereinstimmung mit der hohen Pforte, zur
Abweisung eines jeden fremden Angriffes zu nehmen berufen sein werden.
Art. 27. Wenn die innere Ruhe der Fürstenthümer bedroht oder
gefährdet werden sollte, so wird die hohe Pforte sich mit den übrigen kon-
trabirenden Mächten über die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der
gesetzmässigen Ordnung zu nehmenden Maassregeln verständigen. Eine be-
waffnete Intervention kann ohne vorherige Einstimmung dieser Mächte nicht
statthaben.
Art. 28. Das Fürstenthum Serbien wird fortfahren, von der hohen
Pforte abhängig zu sein, gemäss den Kaiserlichen Hats, welche seine, zu-
künftig unter die Kollectivgarantie der Mächte gestellten Rechte und Im-
munitäten festsetzen. In Folge dessen wird dieses Fürstenthum seine unab-
hängige und nationale Verwaltung, sowie die vollständige Freiheit des Kultus,
der Gesetzgebung, des Handels und der Schiffahrt behalten.
Art. 29. Das Garnisonsrecht der hohen Pforte, so wie es durch
frühere Reglements festgestellt ist, wird aufrecht erhalten. Keine bewaffnete
Intervention wird in Serbien stattfinden können, ohne vorherige Ueberein-
stimmung der hohen kontrahirenden Mächte.
Art. 30. Se. Majestät der Kaiser aller Reussen und Se. Majestät der
Sultan behalten ihre Asiatischen Besitzungen in ihrer Integrität in dem-
jenigen Umfange, wie er vor dem Bruch gesetzlich bestand. Um jeder
lokalen Streitigkeit vorzubeugen, wird die Grenzscheide verifizirt, und wenn
nöthig, rektifiziit werden, ohne dass jedoch ein Gebietsnachtheil für eine
oder die andere der beiden Parteien daraus entstehen kann. Zu diesem
Zwecke wird eine gemischte Kommission, bestehend aus zwei Russischen
Kommissaren, zwei Ottomanischen Kommissaren, einem Französischen Kom-
missar und einem Englischen Kommissar, an Ort und Stelle unverzüglich
nach Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen dem
Russischen Hofe und der hohen Pforte gesandt werden. Ihre Arbeit muss
in dem Zeitraum von acht Monaten, von dem Tage der Auswechselung
der Ratifikationen des gegenwärtigen Vertrages an gerechnet, beendet sein.
Art. 31. Die während des Krieges von den Truppen Ihrer Majestäten
des Kaisers von Oesterreich, des Kaisers der Franzosen, der Königin des
Vereinigten Königreiches von Grossbritannien und Irland und des Königs von
Sardinien, in Folge von Verträgen, abgeschlossen in Konstantinopel am
12. März 1854 zwischen Frankreich, Grossbritannien und der hohen Pforte,
am 14. Juni des nämlichen Jahres zwischen Oesterreich und der hohen Pforte
und am 15. März 1855 zwischen Sardinien und der hohen Pforte, besetzten
Gebietstheile werden nach Auswechselung der Ratifikationen des gegen-
wärtigen Vertrages geräumt werden, so bald als es geschehen kann. Die
Termine und die Ausführungsmittel werden der Gegenstand einer Ueberein-
kunft zwischen der hohen Pforte und den Mächten, deren Truppen ihr
Gebiet okkupiren, sein.
Art. 32, Bis zur Erneuerung oder Ersetzung der Verträge oder Kon-
ventionen, die zwischen den kriegführenden Mächten vor dem Kriege be-
standen, wird der Aus- und Einfuhrhandel gegenseitig auf dem Fusse des
vor dem Kriege Kraft habenden Reglements stattfinden, und ihre resp.
Unterthanen werden in allen anderen Angelegenheiten auf dem Fusse der
am meisten begünstigten Nationen behandelt werden.