Vertrag zwischen Deutschland u.s.w. und der Türkei vom 13. Juli 1878. 389
1. dass die besagte Kommission die Nothwendigkeit für Se. Kaiserliche
Majestät den Sultan, die Balkangrenzen von Ost-Rumelien vertheidigen zu
können, in Betracht zu ziehen haben wird,
2, dass in einem Umfange von 10 Kilometer um Samakow xeins
Befestigungen errichtet werden dürfen.
Art. 3. Der Fürst von Bulgarien wird von der Bevölkerung frei
gewählt und von der Hohen Pforte mit Zustimmung der Mächte bestätigt
werden. Kein Mitglied der regierenden Häuser der europäischen Gross-
mächte darf zum Fürsten von Bulgarien gewählt werden.
Wird die fürstliche Würde wieder frei, so erfolgt die Wahl des
neuen Fürsten unter den gleichen Bedingungen und Förmlichkeiten.
Art. 4. Eine in Tirnovo zusammenzuberufende Versammlung von
Notabeln Bulgariens wird vor der Wahl des Fürsten das organische
Reglement des Fürstenthums ausarbeiten.
An denjenigen Orten, wo Bulgaren mit türkischen, rumänischen,
griechischen oder anderen Bevölkerungen gemischt sind, soll den Rechten
und Interessen dieser Bevölkerungen bezüglich der Wahlen und der Aus-
arbeitung des organischen Reglements Rechnung getragen werden.
Art. 5. Folgende Bestimmungen sollen die Grundlage des Öffentlichen
Rechtes in Bulgarien bilden:
Der Unterschied des religiösen Glaubens und der Bekenntnisse darf
Niemandem gegenüber geltend gemacht werden als ein Grund der Aus-
schliessung oder der Unfähigkeit bezüglich des Genusses der bürgerlichen
und politischen Rechte, der Zulassung zu Öffentlichen Diensten, Amtern
und Ehren oder der Ausübung der verschiedenen Berufs- und Gewerbs-
zweige, an welchem Orte es auch sei.
Die Freiheit und die öffentliche Ausübung aller Kulte werden allen
Angehörigen Bulgariens sowie den Ausländern zugesichert, und es daıf
weder der hierarchischen Organisation der verschiedenen Religionsgemein-
schaften noch deren Beziehungen zu ihren geistlichen Oberen ein Hinderniss
entgegengestellt werden.
Art. 6. Die provisorische Verwaltung von Bulgarien wird bis zur
Vollendung des organischen Reglements durch einen Kaiserlich russischen
Kommissar geleitet werden. Ein Kaiserlich ottomanischer Kommissar, sowie
die dazu besonders delegirten Konsuln der übrigen Signatarmächte dieses
Vertrages werden berufen werden, demselben zur Seite zu treten, um die
Ausübung dieser provisorischen Regierungsthätigkeit zu kontroliren. Im
Falle der Meinungsverschiedenheit zwischen den delegirten Konsuln soll
die Mehrheit entscheiden und im Falle des Zwiespaltes der Ansichten
zwischen dieser Mehrheit und dem Kaiserlich russischen Kommissar oder
dem Kaiserlich ottomanischen Kominissar haben die Vertreter der Signatar-
mächte in Konstantinopel, zu oiner Konferenz vereinigt, zu entscheiden.
Art. 7. Die provisorische Verwaltung darf nicht über die Dauer von
neun Monaten, vom Austausche der Ratifikations- Urkunden des gegen-
wärtigen Vertrages ab gerechnet, ausgedehnt werden.
Nach Fertigstellung des organischen Reglements soll sofort zur Wahl
des Fürsten von Bulgarien geschritten werden. Sobald der Fürst eingesetzt
sein wird, soll die neue Organisation in Kraft treten und das Fürstentum
in den vollen Genuss seiner Autonomie gelangen.
Art. 8. Die Handels- und Schiffahrtsverträge sowie alle sonstigen
Uebereinkommen und Abmachungen, welche zwischen den auswärtigen
Mächten und der Pforte abgeschlossen worden sind und sich zur Zeit noch
in Kraft befinden, werden im Fürstenthum Bulgarien aufrechterhalten und
keine Veränderung derselben darf gegenüber irgend einer Macht vor-
genommen werden, bevor diese nicht ihre Zustimmung dazu gegoben hat.