404 General- Akte der Berliner Konferenz vom 26. Februar 1888.
Kapitel I. Erklärung, betreffend die Freiheit des Handels in dem Becken
des Kongo, seinen Mündungen unddenangrenzenden Ländern, nebsteinigen
damit zusammenhängendeon Bestimmungen.
Art. 1. Der Handel aller Nationen soll vollständige Freiheit geniessen:
1. In allen Gebieten, welche das Becken des Kongo und seiner Neben-
flüsse bilden. Dieses Becken wird begrenzt durch die Höhenzüge
der daran grenzenden Becken, nämlich insbesondere die Becken
des Niari, des Ogowe, des Schari und des Nils im Norden, durch
die östliche Wasserscheide der Zuflüsse des Tanganyka-Sees im
Osten, durch die Höhenzüge der Becken des Zambese und des
Loge im Süden. Es umfasst demnach alle Gebiete, welche von
dem Kongo und seinen Nebenflüssen durchströmt werden, ein-
schliesslich des Tanganyka-Sees und seiner östlichen Zuflüsse.
2. In dem Seegebiete, welches sich an dem Atlantischen Ocean von
dem unter 2°30’ südlicher Breite belegenen Breitengrade bis zu
der Mündung des Loge erstreckt.
Die nördliche Grenze folgt dem unter 2° 30’ belegenen
Breitengrade von der Küste bis zu dem Punkte, wo er mit dem
geographischen Becken des Kongo zusammentrifft, ohne indess
das Becken des Ogowe, auf welchen die Bestimmungen des gegen-
wärtigen Aktes keine Anwendung finden, zu berühren.
Die südliche Grenze folgt dem Laufe des Loge bis zu der
Quelle dieses Flusses und wendet sich von dort nach Osten bis
zur Vereinigung mit dem geographischen Becken des Kongo.
3. In dem Gebiete, welches sich östlich von dem Kongobecken in
seinen oben beschriebenen Grenzen bis zu dem Indischen Ocean
erstreckt, von dem fünften Grade nördlicher Breite bis zu der
Mündung des Zambese im Süden; von letzterem Punkte aus folgt
die Grenzlinie dem Zambese bis fünf Meilen aufwärts von der
Mündung des Schire und findet ihre Fortsetzung in der Wasser-
scheide zwischen den Zuflüssen des Nyassa-Sees und den Neben-
flüssen des Zambese, um endlich die \Wasserscheidelinie zwischen
dem Zambese und Kongo zu erreichen.
Man ist ausdrücklich darüber einig, dass bei Ausdehnung des
Grundsatzes der Handelsfreiheit auf dieses östliche Gebiet die auf
der Konferenz vertretenen Mächte sich nur für sich selbst ver-
flichten, und dass dieser Grundsatz auf Gebiete, welche zur
it irgend einem unabhängigen und souveränen Staate gehören,
nur insoweit Anwendung findet, als der letztere seine Zustimmung
ertheilt. Die Mächte beschliessen, ihre guten Dienste bei den an
der afrikanischen Küste des Indischen Oceans bestehenden Regie-
rungen einzulegen, um die fragliche Zustimmung zu erhalten und
für alle Fälle der Durchfuhr aller Nationen die günstigsten Be-
dingungen zu sichern.
Art. 2. Alle Flaggen, ohne Unterschied der Nationalität, haben freien
Zutritt zu der gesammten Küste der oben aufgeführten Gebiete, zu den
Flüssen, die daselbst in das Meer einmünden, zu allen Gewässern des
Kongo und seiner Nebenflüsse, einschliesslich der Seen, zu allen Häfen an
diesen Gewässern, sowie zu allen Kanälen, welche etwa in Zukunft zu dem
Zweck angelegt werden, um die Wasserstrassen oder Seen innerhalb der in
dem Artikel 1 beschriebenen Gebiete zu verbinden. Sie dürfen jede Art von
Beförderung unternehmen und Küsten-, Fluss- und Kahnschiffahrt unter
den gleichen Bedingungen wie die Landesangehörigen ausüben.