General-Akte der Berliner Konferenz vom 26. Februar 18855. 411
Der Handel soll gleichfalls, ungeachtet des Kriegszustandes, frei
bleiben auf den in den Artikeln 15 und 16 erwähnten Strassen, Eisenbahnen,
Seen und Kanälen.
Dieser Grundsatz erleidet eine Ausnahnıe nur bezüglich der Be-
förderung von Gegenständen, welche für einen Kriegführenden bestimmt
und nach dem Völkerrecht als Kriegskontrebande anzusehen sind.
Alle in Ausführung der gegenwärtigen Akte geschaffenen Werke und
Einrichtungen, namentlich die Hebestellen und ihre Kassen, sowie die bei
diesen Einrichtungen dauernd angestellten Personen sollen den Gesetzen
der Neutralität unterstellt sein und demgemass von den Kriegführenden
geachtet und geschützt worden.
Kapitel V. Niger-Schiffahrtsakte.
Art. 26. Die Schiffahrt auf dem Niger, ohne Ausnahme irgend
einer der Verzweigungen oder Ausläufe dieses Flusses, soll für die Kauf-
fahrteischiffe aller Nationen, mögen sie mit Ladung oder Ballast fahren,
vollkommen frei sein und bleiben, sowohl bezüglich der Beförderung von
Waaren wie von Reisenden. Sie hat sich zu richten nach den Bestim-
mungen der gegenwärtigen Schiffahrtsakte und den in Ausführung derselben zu
erlassenden Vorschriften.
Bei Ausübung dieser Schiffahrt sollen die Angehörigen und Flaggen
aller Nationen in jeder Hinsicht auf dem Fusse vollkommener Gleichheit
behandelt werden, sowohl für die direkte Schiffahrt vom offenen Meere nach
der inneren Häfen des Niger und umgekehrt, als für die grosse und kleine
Küstenschiffahrt und für die Kahnschiffahrt auf dem ganzen Laufe des
Flusses.
Demgemäss soll auf dem ganzen Laufe und an den Mündungen des
Niger keinerlei Unterschied zwischen den Angehörigen der Uforstaaten
und der Nichtuferstaaten gemacht und keine ausschliessliche Schiffahrts-
vergünstigung weder an irgend welche Gesellschaften oder Körperschaften,
noch an Privatpersonen verliehen werden.
Diese Bestimmungen werden von den Signatärmächten, als künftig
einen Bestandtheil des internationalen öffentlichen Rechts bildend, anerkannt.
Art. 27. Die Schiffahrt auf dem Niger soll keinerlei Beschränkung
oder Abgabe unterliegen, welche sich einzig und allein auf die Thatsache
der Schiffahrt gründet.
Dieselbe soll keinerlei Stations-, Stapel-, Niederlage-, Umschlags-
oder Aufenthaltsverpflichtung unterworfen sein.
In der ganzen Ausdehnung des Niger sind die den Strom passirenden
Schiffe und Waaren, ohne Rücksicht auf ihre Herkunft oder Bestimmung,
von jeder Art Durchgangszoll befreit.
Es soll keinerlei See- oder Flussabgabe erhoben werden, welche sich
einzig und allein auf die Thatsache der Schiffahrt gründet, noch auch irgend
ein Zoll von Waaren, die sich an Bord der Schiffe befinden. Vielmehr sollen
nur solche Gebühren oder Abgaben zur Erhebung gelangen, die den Karakter
eines Entgeltes für der Schiffahrt selbst geleistete Dienste tragen. Die
Tarife für diese Gebühren oder Abgaben sollen keinerlei differentielle Be-
handlung enthalten.
Art. 23. Die Nebenflüsse des Niger sollen in jeder Hinsicht den-
selben Gesetzen wie der Strom selbst unterworfen sein.
Art. 29. Strassen, Eisenbahnen oder Seitenkanäle, welche zu dem
besonderen Zweck erbaut werden, um der Nichtschiffbarkeit oder den
Mängeln der Wasserstrasse auf gewissen Strecken des Niger, seiner Neben-
flüsse, Verzweigungen und Ausflüsse abzuhelfen, sollen in ihrer Eigen-