442 Schlussakte der Haager Friedenskonferenz vom 29. Juli 1899.
in Erwägung der Vortheile einer allgemeinen und regelmässigen Ein-
richtung des Schiedsverfahrens.
mit dem Erlauchten Urheber der internationalen Friedenskonferenz der
Ausicht, dass es von Wichtigkeit ist, in einer internationalen Vereinbarung
die Grundsätze der Billigkeit und des Rechtes festzulegen, auf denen die
Sicherheit der Staaten und die Wohlfahrt der Völker beruhen.
von dem Wunsche geleitet, zu diesem Zwecke ein Abkommen zu
schliessen, haben zu Ihren Bevollmächtigten ernannt:
(Folgen die Namen der Bevollmächtigten),
welche, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgetheilt und sie in guter
und gehöriger Form befunden haben, über folgende Bestimmungen über-
eingekommen sind:
Erster Titel. Erhaltung des allgemeinen Friedens.
Art. 1. Um in den Beziehungen zwischen den Staaten die Anıufung
der Gewalt soweit als möglich zu verhüten, erklären sich die Signatarmächte
einverstanden, alle ihre Bemühungen aufwenden zu wollen, um die fried-
liche Erledigung der internationalen Streitfragen zu sichern.
Zweiter Titel. Gute Dienste und Vermittelung.
Art. 2. Die Signatarmächte kommen überein, im Falle einer ernsten
Meinungsverschiedenheit oder eines Streites, bevor sie zu den Waffen
greifen, die guten Dienste oder die Vermittelung einer befreundeten Macht
oder mehrerer befreundeter Mächte anzurufen, soweit dies die Umstände
gestatten werden.
Art. 3. Unabhängig hiervon halten die Signatarmächte es für nützlich,
dass einge Macht oder mehrere Mächte, die am Streite nicht betheiligt sind,
aus eigenem Antriebe den im Streite befindlichen Staaten ihre guten
Dienste oder ihre Vermittelung anbieten, soweit sich die Umstände hier-
für eignen.
Das Recht, gute Dienste oder Vermittelung anzubieten, steht den
am Streite nicht betheiligten Staaten auch während des Ganges der Feind-
seligkeiten zu.
Die Ausübung dieses Rechtes kann niemals von einem der streitenden
Theile als unfreundliche Handlung angesehen werden.
Art.4. Die Aufgabe des Vermittelers besteht darin, die einander
entgegengesetzten Ansprüche auszugleichen und Verstiimmungen zu beheben,
die zwischen den im Streite befindlichen Staaten etwa entstanden sind.
Art. 5. Die Thätigkeit des Vermittelers hört auf, sobald, sei es durch
einen der streitenden Theile, sei es durch den Vermitteler selbst festgestellt
wird, dass die von diesem vorgeschlagenen Mittel der Verständigung nicht
angenommen werden.
Art. 6. Gute Dienste und Vermittelung, seien sie auf Anrufen der
im Streite befindlichen Theile eingetreten oder aus dem Antriebe der am
Streite nicht betheiligten Mächte hervorgegangen, haben ausschliesslich die
Bedeutung eines Rathes und niemals veıbindliche Kraft.
Art. 7. Die Ännahme der Vermittelung kann, unbeschadet ander-
weitiger Vereinbarung, nicht die Wirkung haben, die Mobilmachung und
andere den Krieg vorbereitende Massnahmen zu unterbrechen, zu verzögern
oder zu hemmen.
Erfolgt sie nach Eröffnung der Feindseligkeiten, so werden von ihr,
unbeschadet anderweitiger Vereinbarung, die im Gange befindlichen mili-
tärischen Unternehmungen nicht unterbrochen.