Schlussakte der Haager Friedenskonferenz vom 29. Juli 1899. 445
Zwei oder mehrere Mächte können sıch über die gemeinschaftliche
Benennung eines Mitglieds oder mehrerer Mitglieder verständigen.
Dieselbe Person kann von verschiedenen Mächten benannt werden.
Die Mitglieder des Schiedshofs werden für einen Zeitraum von sechs
Jahren ernannt. Ihre Wiederernennung ist zulässig.
Im Falle des Todes oder des Ausscheidens eines Mitglieds des Schieds-
hofs erfolgt sein Ersatz in der für seine Ernennung vorgesehenen Weise.
Art. 24, Wollen die Signatarmächte sich zur Erledigung einer unter
ihnen entstandenen Streitfrage an den Schiedshof wenden, so muss die
Auswahl der Schiedsrichter, welche berufen sind; das für die Entscheidung
dieser Streitfrage zuständige Schiedsgericht zu bilden, aus der Gesammt-
liste der Mitglieder des Schiedshofs erfolgen.
In Ermangelung einer Bildung des Bchiedsgerichts mittelst unmittel-
barer Verständigung der Parteien wird in folgender Weise verfahren:
Jede Partei ernennt zwei Schiedsrichter und diese wählen gemein-
schaftlich einen Obmann.
Bei Stimmengleichheit wird die Wahl des Obmanns einer dritten
Macht anvertraut, über deren Bezeichnung sich die Parteien einigen.
Kommt eine Eini hierüber nicht zu Stande, so bezeichnet jede
Partei eine andere Macht, und die Wahl des Obmanns erfolgt durch die
so bezeichneten Mächte in Uebereinstimmung.
Nachdem das Schiedsgericht so gebildet ist, theilen die Parteien
dem Büreau ihren Entschluss, sich an den Schiedshof zu wenden, und
die Namen der Schiedsrichter mit.
Das Schiedsgericht tritt an dem von den Parteien festgesetzten
Tage zusammen.
Die Mitglieder des Schiedshofs geniessen während der Ausübung ihres
Amtes und ausserhalb ihres Heimathlandes die diplomatischen Vorrechte
und Befreiungen.
Art. 25. Das Schiedsgericht hat regelmässig seinen Sitz im Haag.
Abgesehen von dem Falle höherer Gewalt darf der Sitz vom Schieds-
gerichte nur mit Zustimmung der Parteien verlegt werden.
Art.26. Das internationale Büreau im Haag ist ermächtigt, sein
Geschäftslokal und seine Geschäftseinrichtung den Signatarmächten für die
Thätigkeit eines jeden besonderen Schiedsgerichts zur Verfügung zu stellen.
Die Schiedsgerichtsbarkeit des ständigen Schiedshofs kann unter den
durch die allgemeinen Anordnungen festgesetzten Bedingungen auf Streitig-
keiten zwischen anderen Mächten als Signatarmächten oder zwischen Signatar-
mächten und anderen Mächten erstreckt werden, wenn die Parteien über-
eingekommen sind, diese Schiedsgerichtsbarkeit anzurufen.
Art. 27. Die Signatarmächte betrachten es als Pflicht, in dem Falle,
wo ein ernsthafter Streit zwischen zwei oder mehreren von ihnen auszu-
brechen droht, diese daran zu erinnern, dass ihnen der ständige Schieds-
hof offen steht.
Sie erklären demzufolge, dass die Handlung, womit den im Streite
befindlichen Theilen die Bestimmungen dieses Abkommens in Erinnerung
gebracht werden, und der im höheren Interesse des Friedens ertheilte
Rath, sich an den ständigen Schiedshof zu wenden, immer nur als Be-
thätigung guter Diensts angesehen werden dürfen.
Art. 28. Ein ständiger Verwaltungsrath, der aus den im Haag be-
laubigten diplomatischen Vertretern der Signatarmächte und dem nieder-
ändischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten als Vorsitzenden
besteht, soll in dieser Stadt gebildet werden sobald wie möglich nach der
Ratifikation diesas Abkommens durch mindestens neun Mächte,