86. Die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit. 47
berechtigen würde; sondern als Auflagen, deren Erfüllung durch
gewaltsame Intervention durchgesetzt werden könnte.’
Verweigerung der Anerkennung berechtigt als Unfreundlich-
keit (nicht als Unrecht) zur Retorsion (unten $ 38 III); vorzeitige
Anerkennung eines um seine Selbständigkeit noch ringenden Staats-
gebietes, so die der Vereinigten Staaten von Nordamerika durch
Frankreich am 15. März 1778, ist rechtswidrige Intervention in
die inneren Angelegenheiten des Mutterlandes.
V. Veränderungen in der Begierungsform eines Staates haben
keinen Einfluß auf seine völkerrechtlichen Berechtigungen und Ver-
pfliehtungen.
Über den Einfluß von Gebietsveränderungen auf bestehende
Rechtsverhältnisse siehe unten $ 23.
8 6. Die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit.!
I. Nur der souveräne Staat ist vollberechtigtes völkerreehtliches
Rechtssubjekt. Souveränität aber, als Eigenschaft des Staates, ist
höchste, naeh außen wie im Innern selbständige, von keinem Höheren
abhängige Herrschermacht (die summa potestas). Sie Mußert sich in
der uneingeschränkten völkerreehtlichen Handlungsfähigkeit.’
1. Handlungsfähigkeit aber ist zunächst als Geschäftsiählgkeit
die Fähigkeit, dureh selbständig abgegebene oder entgegengenommene
Willenserklärungen (Rechtsgeschäfte) sieh zu berechtigen oder zu ver-
pflichten.
Sie tritt besonders hervor:
7) Ebenso Gareis 66. Dagegen z.B. Piödeli6vre99; auch Triepel
(oben $2 Note2) 292 Note 1. Ob der privatrechtliche Begriff der Auflage
zutrifit, ist völlig gleichgültig.
1) Ullmann 42. Rivier 103.
2) Der in der staatsrechtlichen Literatur geführte Streit, ob die
Souveränität mit dem Staatsbegriff gegeben sei oder ob man souveräne und
nicht souveräne Staaten zu unterscheiden habe, ist für das Völkerrecht
ohne Bedeutung. Für das Gebiet des Völkerrechtes steht es außer Zweifel,
daß es neben der uneingeschränkten auch eine in den verschiedensten Ab-
„ stufungen eingeschränkte Handlungsfähigkeit gibt. Ähnlich Ullmann 41,
Gareis 48.