Full text: Das Völkerrecht.

66 1. Buch. Die Rechtssubjekte und ihre allgem. Rechtsstellung. 
in direktem Widerspruch gerade zu dem Nichtinterventionsprinzip 
steht. Seit dem siegreichen Krieg mit Spanien endlich beansprucht 
der nordamerikanische Imperialismus die Wahrung der Weltmacht- 
stellung der Vereinigten Staaten in den Welthändeln. Den schärf- 
sten Ausdruck hat diese Politik einerseits in der Angliederung 
Kubas und dem Vertrag mit Panama (unten $ 27 IV 2), anderseits 
in der Erwerbung der Philippinen gefunden. Mit dem Imperialis- 
mus ist aber der Grundgedanke der Botschaft von 1823 tatsäch- 
lich preisgegeben. 
Ausnahmsweise aber kann die Befugnis zu einer Einmischung in 
die Angelegenheiten eines andern Staates gegeben sein: 
a) Durch das Ersuchen des andern Staates selbst oder durch 
dessen Zustimmung (Rußland und Österreich 1849). 
b) Durch ein von diesem vertragsmäßig eingeräumtes oder 
zwischen den betelligten Staaten vereinbartes Recht (die 
Vereinigten Staaten gegenüber Panama seit 1903). 
6) Durch die Voraussetzungen , unter denen eigenmächtige Selbst- 
hilfe als berechtigt erscheint (unten $ 38 II]). 
Dagegen kann nicht zugegeben werden, daß ein Einmischungs- 
recht schon dann gegeben sei, wenn nach der, sei es auch be- 
gründeten Ansicht eines einzelnen Staates die allgemeinen Inter- 
essen der Menschheit oder der Kultur einen Angriff notwendig 
machen (Intervention der Vereinigten Staaten in Kuba, April 1898); 
denn damit würde der Willkür Tür und Tor geöffnet. Und ebenso- 
wenig darf in der Bedrückung von Stammesgenossen für dritte 
Staaten ein Grund für die Intervention erblickt werden; denn das 
Schutgrecht eines jeden Staates beschränkt sich, von besonderen 
Vereinbarungen abgesehen, auf seine eigenen Staatsangehörigen 
(abweichend die Haltung Griechenlands gegenüber Kreta 1897). 
In allen diesen Fällen kann das Recht zum Einschreiten auch 
‚einer Mehrzahl von Staaten gemeinschaftlich zustehen (sogenannte 
Kollektiv-Intervention). So hat der Berliner Vertrag 1878 das 
Recht der Großmächte zur Einmischung in die inneren Angelegen- 
heiten der Türkei bezüglich der armenischen Provinzen auß:
	        
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