72 1].Buch. Die Rechtssubjekte und ihre allgem. Rechtsstellung.
der Statuten‘, bestimmt wird, hat die nationale Gesetzgebung aus-
drücklich oder stillschweigend aufzustellen. Aber sie hat bei Auf-
stellung derselben die Coexistenz der mit ihr gleichberechtigten
ausländischen Staaten ins Auge zu fassen.
Freilich muß die Darstellung des positiven Völkerrechts mit
der Hervorhebung dieses allgemeinen Satzes sich begnügen. Seine
Durchführung durch besondere Staatsverträge ist bisher nur in
bescheidenem Umfang gesichert (unten $ 31). Aber auch abge-
sehen von diesen Verträgen, ist schon heute die Überwindung des
sogenannten Territorialprinzips gerade durch die nationale Gesetz-
gebung aller Kulturstaaten eine feststehende Tatsache.
2. Die Autonomie kann durch vertragsmäßig tibernommene oder
dureh von andern Staaten auferlegte Verpflichtungen beschränkt sein
(oben $6 U).
III. Die Staatsgewalt, bezogen auf das Staatsgebiet (unten $ 9)
und durch diese Beziehung räumlich umgrenzt, nennen wir Gebiets-
hoheit (Territorialgewalt). Sie ist imperium, nicht dominium; völker-
reehtlich anerkannte Herrschaft über Menschen innerhalb des Gebiets,
nieht ein dingliches Recht an dem Gebiet.!
1. Die Gebietshoheit schließt jedes Eingreifen einer fremden
Staatsgewalt in das Staatsgebiet, jede unmittelbare Austibung fremder
Hoheitsrechte in dem Gebiet aus.
Über die besonderen Rechtsregeln, welche für die konsulari-
schen Jurisdiktionsbezirke gelten, vergl. unten $ 15 IV.
2. Ein und dasselbe Gebiet kann unter der, sei es geteilten, sel
es ungeteilten Mitherrschaft mehrerer Staaten stehen (eondominium
riehtiger coimperium).
1) Objekt der Staatsgewalt als Gebietshoheit ist demnach nicht das
Staatsgebiet; ihr Objekt bilden vielmehr stets die Menschen, die sich auf
dem Gebiete aufhalten oder durch Vermittlung dinglicher Rechte an un-
beweglichen, im Staatsgebiet gelegenen Gütern in Beziehung zu dem Staats-
gebiet treten. So im wesentlichen Jellinek, Staatslehre 362. Besonders
aber: Fricker, Vom Staatsgebiet. 1867. Derselbe, Gebiet und Gebiets-
hoheit. 1901. Sehr eingehend Bigliati (oben 8. 38) S. 77. Dagegen Heil-
born, Laband (4. Aufl.), 1173 mit weiterer Literatur: Anders im Patri-
monialstaat, in dem imperium und dominium zusammenfallen.