89. Das Staatsgebiet. 81
Regelung als äußerst wünschenswert erscheinen läßt. Die im August
1903 in Berlin zusammengetretene Konferenz, an der sich Deutsch-
land, Österreich-Ungarn, England, Frankreich, Italien, Rußland
und Spanien beteiligten, scheint greifbare Ergebnisse nicht gezeitigt
zu haben.
8. Der Erdraum unter der durch die Staatsgrenzen umsehrie-
benen Erdoberfläche.
Jeder Staat hat daher das ausschließliche Recht, unterhalb
seiner Erdoberfläche unterirdische Anlagen aller Art, Bergwerke,
Eisenbahntunnels, Telegraphenleitungen usw. zu machen, und im
Falle eines Krieges darf auch dieser Teil des Staatsgebietes der
neutralen Staaten von den Kriegführenden nicht zum Schauplatz
militärischer Operationen gemacht werden.
4. Die von dem Staatsgebiet ausgehenden unterseeischen Kabel.
Landet das Kabel in dem Gebiet eines andern Staates, so ist
Mitherrschaft (coimperium) beider Staaten anzunehmen. ®
IN. 1. Zum Staatsgebiet gehören ferner die Nebenländer oder
Kolonien.
Auch als sogenannte Schutzgebiete (oben $ 6 IV 3) stehen
die Kolonien zu dem Mutterland nicht in völkerrechtlicher, sondern
in staatsrechtlicher Beziehung, sie sind allen andern Staaten gegen-
über Ausland und werden durch das Mutterland völkerrechtlich
vertreten. An diesem Verhältnis ändert auch die weitestgehende,
den Kolonien eingeräumte Autonomie nichts. *
3) „Theorie des Kabelterritoriums‘‘, mit überzeugenden Gründen ver-
treten von Scholz, Krieg und Seekabel. 1904 Vergl. unten $41 VI. —
Interessant, aber unhaltbar, die Behauptung von Rolland, R.G. XI 340,
daß auch die an das Landgebiet sich anschließenden, permanent zugefrorenen
Meeresteile über die Grenzen der Küstengewässer (unten V) hinaus von der
Gebietshoheit erfaßt werden.
4) G. Meyer, Die staatsrechtliche Stellung der deutschen Schutz-
gebiete. 1888. v. Stengel, Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutz-
gebiete. 1901. Laband, Staatsrecht (4. Aufl.) II 259 (mit weiterer Lite-
ratur). Nach Laband sind die Schutzgebiete nicht Bestandteile, sondern
Pertinenzen des Reichs. Aber diese Unterscheidung ist völkerrechtlich ohne
jede Bedeutung.
v. Liszt, Völkerrecht. 4. Aufl. 6