108 II. Bach. Der völkerrechtliche Verkehr innerhalb des Staatenverbandes.
irgendwie Schaden, Schwierigkeiten oder Kränkungen auf ihrer Reise
erfahren, und sie zu dem Ende mit Geleitbriefen, Pässen oder anderen
Dokumenten versehen.“
lH. Durch die Erschließung des Landes wird das Recht der Fremdenpolizel
nicht berührt. Doch darf diese niemals dazu führen, daß den Anzehörigen
eines fremden Siaates als solchen, also nur wegen ihrer Staatsangehürigkeit,
der Aufenthalt versagi wird.
Die Fremdenpolizei ist als Teil des Fremdenrechts, von zwischen-
staatlicher Vereinbarungen abgesehen, Ausfluß der nationalen Auto-
nomie. Verschiedene Staaten (nicht aber das Deutsche Reich) haben
das Fremdenrecht durch besondere Gesetze geregelt. So Belgien durch
das Gesetz vom 12. Februar 1897, England durch die Aliens Act vom
11. August 1905 (5. Edw. VII c. 13; N.R.G. 3. s. 1 303), die Vereinigten
Staaten durch Gesetz vom 20. Februar 1907; die Türkei durch Gesetz
vom 25.Februar 1915 (deutsches Handelsarchiv 1915 S. 564).
Auf gemeinsamer Überzeugung beruhen die folgenden Rechtssätze.
1. Jeder Staat hat das Recht, den Grenzverkehr zu überwachen.
- Er kann insbesondere den Paßzwang handhaben, soweit diesem
nicht besondere Vereinbarungen im Wege stehen.
2. Er kann den Eintritt in sein Gebiet denjenigen Personen versagen,
die für Sicherheit und Ordnung im Innern wie nach außen hin gefährlich
werden können (Abweisung, renvoi).
Zu diesen „lästigen Fremden“ (undesirable strangers) gehören:
verurteilte Verbrecher, Personen ohne genügenden Ausweis, unbe-
mittelte und erwerbsunfähige Personen (paupers). Aber auch Per-
sonen, die an ansteckenden Krankheiten leiden (Phthysiker, Lepra-
kranke), müssen hierher gerechnet werden. Besonders weit wird durch
die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten Amerikas und Englands der
Kreis der von der Zulassung ausgeschlossenen Personen gezogen.
Der Staat hat das Recht, aber nicht die Pflicht, solche Per-
sonen zurückzuweisen. Und er hat das Recht, ihnen Asyl zu ge-
währen, soweit dadurch nicht die Sicherheit anderer Staaten gefährdet
wird (oben $7 II1). Das Asylrecht ist mithin völkerrechtlich ein
Recht des Zufluchtsstaates, nicht aber des staatsfremden Flüchtlings.
Über Auslieferung flüchtiger Verbrecher vgl. unten $ 33 I.
8. Jeder Staat ist aus den gleichen Gründen: berechtigt, Staatsfremde,
die sich bereits auf seinem Gebiete befinden, auszuweisen (Ausweisung, eX-
pulsion).
4. Der Staat, dem der Abgewiesene oder Ausgewiesene angehört hat,
ist verpflichtet, ihn wieder aufzunehmen, auch wenn er inzwischen seine frühere
Staatsangehörigkelt verloren haben sollie, ohne eine neue zu gewinnen.
Diese Verpflichtung wird durch die Niederlassungsverträge oder
durch besondere „Übernahme‘-Abkommen oder Repatriierungs-