8 12. Der Grundsatz der Verkehrsfreiheit. 109
verträge vielfach ausdrücklich ausgesprochen, muß aber auch ohne
diese als bestehend angenommen werden. Vorbildlich war (nach v.Mar-
titz 441) die Gothaer Konvention deutscher Staaten vom 15. Juli 1851.
Vgl. die deutschen Verträge mit Italien vom 8. August 1873 und mit
Rußland vom 10.Februar/29. Januar 1894 (Fleischmann 117)!1); aber
auch Art.9 des . deutsch-türkischen Niederlassungsvertrags.
IV. Die Ersehließung des Landes bedeutet grundsätzlich auch Zulassung
der Handelisschifte der sämtlichen zur Kulturgemeinschaft gehörenden Flaggen
in allen Seehäfen.
Die fremden Handelsschiffe dürfen daher die Häfen anlaufen und
hier wie auf den Reeden vor Anker gehen; sie dürfen (abgesehen von
der Küstenschiffahrt) Waren aus- und einladen, wobei sie wie die
inländischen Handelsschiffe der Polizeigewalt des Aufenthaltsstaates
unterworfen sind. Über die Gerichtsbarkeit vgl. oben $YyIV2d. Es
bleibt jedoch jedem Staate vorbehalten, bestimmte Häfen, insbeson-
dere Kriegshäfen, von der allgemeinen Eröffnung auszunehmen. Nur
im Fall der Seenot (reläche forc&e) dürfen die fremden Handelsschiffe
auch die verschlossenen Häfen anlaufen und sich hier so lange auf-
halten, bis ihnen die Weiterfahrt möglich ist.
Die Gleichstellung bezieht sich ferner auf Schiffahrtsabgaben aller
Art, sowie auf die Hilfeleistung bei Strandung und Schiffbruch.
Auch hier findet sich die Meistbegünstigungsklausel (unten
8221112). Vgl. Freundschafts- usw. Vertrag des Deutschen Reichs mit
Nicaragua vom 4. Februar 1896 (R.G.Bl. 1897 S.171) Art.2 Abs. 2.
Verschiedene Behandlung der Handelsschiffe verschiedener frem-
der Staaten ist an sich nicht völkerrechtswidrig und wird daher ins-'
besondere als Mittel der Vergeltung (unten $& 38 III) verwendet.
Diese Sätze werden sinngemäß auch auf die Zulassung von Luft-
schiffen auszudehnen sein.
V. Fremde Truppenkärper bedürfen zum Betreten des Staatsgebletes und
zum Durchzug durch dieses der Erlaubnis im Einzelfall, soweit nicht besondere
Vereinbarungen, wie die Einräumung eines Durchzugsrechtes (Etappenrechtes,
Heerstraßenrechtes), Im Wege stehen.
Ebenso bedürfen fremde Kriegsschiffe in Friedenszeiten für den Aufent-
halt in den nationalen Gewässern und In den Häfen eines fremden Staates
grundsätzlich einer Erlaubnis, die Im allgemeinen gewährt wird, im Einzelfall
aber oder für gewisse Häfen versagt werden kann. Doch steht ihnen das An-
laufen der Häfen im Falle der Seenot (reläche forc6e), sowie, mangels entgegen-
stehender Vorschriften, die friedliche Durchfahrt durch die Küstengewässer frel.
_— ET |
11) Wallmann, Ist der Staat nach Völkerrecht verpflichtet, seine ehe-
maligen Untertanen wieder aufzunehmen? Breslauer Diss. 1910. Kämnitz, Die
Übernahme ehemaliger Deutscher usw. 1910. De Claparöde, Die völkerrecht-
liche Repstriationspflicht usw. Würzburger Diss. 1911.