116 LI. Buch. Der völkerrechtliche Verkehr innerhalb des Staatenverbandes.
schen Handelsstädten wie von der deutschen Hansa geübt, ist von den
seit dem Ende des 15. Jahrhunderts aufblühenden großen Staatswesen
aufgenommen worden und hat seit dem Westfälischen Frieden allge-
meine Anwendung gefunden. Außer den Mitgliedern der völkerrecht-
lichen Gemeinschaft haben auch die ihr noch nicht vollständig ange-
gliederten Staaten, so China, Sıam, Persien u. a., meist auf Grund
besonderer Verträge, diesem Gebrauch sich angeschlossen. Soweit das
der Fall ist, finden die Rechtsregeln des Gesandtschaftsrechtes auch
im Verhältnis zu diesen Staaten Anwendung, selbst wenn eine aus-
drückliche Vereinbarung, wie sie z. B. in dem deutsch-chinesischen
"Vertrag vom 2.September 1861 Art.3 (oben 8 1 Note 3) sich findet,
fehlen sollte. Verletzung des beglaubigten Gesandten ist mithin auch
in diesen Fällen völkerrechtliches Delikt.
2. Das Gesandtschaftsrecht, d. h. das Recht, Gesandte zu schicken und
zu empfangen, ist Ausfluß der staatlichen Souveränität.
Der halbsouveräne Staat wird daher im diplomatischen Verkehr
durch den Schutzstaat vertreten, soweit ihm nicht ausnahmsweise
das Gesandtschaftsrecht zusteht. Vereinzelt haben Kolonien das Recht,
Gesandte zu empfangen; so unterhält das Deutsche Reich beim austra-
lischen Bund einen Generalkonsul mit diplomatischem Charakter.
3. Über die Staatenverbindungen ist das oben 8 6 II Gesagte zu
vergleichen. In der Personalunion hat jeder der verbundenen Staaten,
in der Realunion nur die Union als solche das Gesandtschaftsrecht.
Im Staatenbund steht es grundsätzlich den einzelnen Staaten zu; doch
kann daneben der Bund ein selbständiges Gesandtschaftsrecht haben
(so der Deutsche Bund nach der Wiener Schlußakte vom 15. Mai 1820).
Im Bundesstaat steht es grundsätzlich dem Bund selbst zu; doch
kann daneben durch besondere Vereinbarung den einzelnen Staaten
ein besonderes Gesandtschaftsrecht eingeräumt sein. Dies ist nicht der
Fall in der Schweiz oder in den Vereinigten Staaten von Nordamerika,
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