184 II. Buch. Der völkerrechtliche Verkehr innerhalb des Staatenverbandes.
Recht, derselben für ihre Kolonien oder auswärtigen Besitzungen beizu-
treten. — Zu diesem Behufe können sie entweder eine allgemeine Er-
klärung abgeben, nach welcher alle ihre Kolonien oder Besitzungen in
welche darin einbegriffen, oder sich darauf beschränken, diejenigen
zu bezeichnen, welche davon ausgeschlossen sein sollen.“
Der Vertrag bindet grundsätzlich die Vertragschließenden als
Gänzes, mithin in der Gesamtheit seiner Bestimmungen. Doch kann
die Bindung einzelnen Bestimmungen gegenüber durch besondere Vor-
behalte ausgeschlossen werden. Von diesem Recht haben die Unter-
zeichner der Haager Abkommen von 1899 und 1907 einen überreich-
lichen Gebrauch gemacht. Dagegen sind alle Vorbehalte ausgeschlossen
durch Art.65 der Londoner Erklärung von 1909.
Noch verhängnisvoller hat die den Haager Abkommen vielfach bei-
gefügte Solidaritätsklausel (Allbeteiligungsklausel) gewirkt; das
heißt die Bestimmung, daß der Vertrag in einem künftigen Kriege nur
dann Anwendung finden solle, wenn sämtliche Kriegführende den
Vertrag ratifiziert haben (vgl. unten $ 44).
1. Der Vertrag berechtigt und bindet grundsätzlich mithin nicht dritte
Staaten. Jedoch kann diesen der Beitritt (die Akzession oder Adhäsion)
offengehalten werden (conventions ouvertes). Verträge, die einen solchen
Beitritt nicht vorsehen, heißen geschlossene Verträge.
Offene Abkommen sind im allgemeinen die der zweiten Friedens-
konferenz. Doch bestimmt Art.9 des ersten Abkommens, daß die Be-
dingungen, unter denen die zur Konferenz nicht eingeladenen Mächte
beitreter können, den Gegenstand einer späteren Verständigung zwi-
schen den Vertragsmächten bilden werden. Und das Abkommen be-
betreffend den Internationalen Prisenhof beschränkt sich nach Art. 53
auf die in Art.15 und seiner Anlage bezeichneten Mächte. Der Beitritt
zu einer offenen Konvention erfolgt durch schriftliche Erklärung, die
an die in dem Vertrag bezeichnete Regierung zu richten ist (oben 112).
Verträge zu Gunsten wie zu Lasten Dritter sind aber auch
dem Völkerrecht nicht unbekannt. Durch die Bestimmung des Pariser
Vertrages von 1856, daB die Aalandsirseln nicht befestigt werden dür-
fen (oben S. 69), hat Schweden ein Einspruchsrecht erhalten. Der
Berliner Vertrag von 1878 hat den Balkanstaaten, die zum Abschluß
des Vertrages nicht herangezogen waren, eine Reihe von Verpflich-
tungen auferlegt (oben S. 22).
2. Ferner bewirkt die Meistbegünstigungsklausel (Vereinbarung des
„traitementdela nation la plus favoris6e“, „most favored nation treatment“),
diein zahlreichen Verträgen gerade derletztenJahresich findet,daßdieRechte,
die durch den neuen von dem Staate A mit dem Staate N geschlossenen Vertrag
diesem eingeräumt werden, ohne weiteresauch allen denjenigenStaaten zugute